Herbsttagung der Sektion Medienpädagogik der DGfE II: Forschung für, über und mit der Praxis??

Nach dem Doktorandenforum (Bericht hier) Danach begann die Tagung, in kleinem persönlichen Rahmen sehr gut organisiert von Bernd Schorb und seinem Team. Vor allem das Kulinarische bestach: von frischem Ingwer über tollen Milchkaffee bis hin zu selbstgebackenem Kuchen. Da machte die Tagung gleich doppelt so viel Spaß ;-).

Ansonsten bot die Tagung vor allem einen großen Ãœberblick über verschiedenste medienpädagogische Forschungsprojekte und den dahinter liegenden methodologischen Fragestellungen: angefangen von large-scale Assessments im Bereich ICT-bezogener Kompetenzen, wie sie die ICILS Studie angedacht ist über medienpädagogische Forschungsprojekte in Anlehnung an den Design-Based-Research Ansätze bis hin zu rekonstruierenden Vorgehen – eine Breite davon, was alles unter medienpädagogischer Forschung gefasst wird, wurde hier sichtbar.

Was mir ein wenig zu kurz kam, war eine Diskussion über Methodologie und Methoden. Was ist eigentlich „Erkenntnis“ im Rahmen der medienpädagogischen Forschung? Klar, kann man Methoden nicht ohne die jeweiligen Projekte darstellen und thematisieren. Dennoch hat mir ein wenig der methodologische Grundlagendiskurs gefehlt – selbst die Schlussrunde wurde eher zu einer Statement- als Diskussionsrunde. Ich hatte den Eindruck, es wurde weniger als in Zürich grundlegend diskutiert und auch an der ein oder anderen Stelle mal gestritten. So gab es auch zum von mir mit Spannung erwarteten Beitrag von Gabi und Werner Sesink zur „ Entwicklungsorientierte Bildungsforschung“ (Blogbeitrag) eher wenig Diskussion – obwohl beide doch vor allem ein Plädoyer für die Aufhebung von traditionellen Polaritäten wie Theorie-Praxis, Forschung-Anwendung oder Empirie-Hermeneutik versuchten. Vielleicht war der Vortrag einfach zu dicht, so dass alle, wie auch ich, gespannt sind, wenn die Langfassung in Papier kommt.

Spannend war für mich die Diskussion um Praxis und Theorie, die sich im Rahmen der (medien-)pädagogischen Forschung stellt: So stellte Silke Grafe ein Projekt vor, in dem die Konzeptentwicklung schon als Forschungstätigkeit gesehen wurde: Im Fokus stand die Praxis- und theorieorientierte Entwicklung und Evaluation von Konzepten medienpädagogischen Handelns, die sich in folgende Phasen gliedert

-       Praxis- und theorierelevante Problemstellung und Reflexion
-       Analyse sowie Auswahl und Weiterentwicklung theoretischer Ansätze
-       Konzeptentwicklung
-       Entwurf von Unterrichtsbeispielen
-       Empirische Evaluation und Interpretation

So gebe es zum einen bessere Verbindung von Neuheit und Nützlichkeit mit klassischen Gütekriterien sowie eine höhere Praxisrelevanz durch Betonung externer Validität als Frage der Übertragbarkeit (nicht Repräsentativität steht im Fokus).
Klar wurde aber auch bei diesen iterativen Vorgehen, dass hier ein grosses Manko in der Finanzierbarkeit liegt: Zum einen sind iterative Forschungsprojekte langwierig, so dass sie kaum im Rahmen z.B. von Qualifikationsarbeiten zu schaffen seien, zum anderen gibt es kaum Fördergeber, wenn Theorie und Praxis im Fokus stehen: Für eine theoretisch-grundlagenorientierte Ausrichtung sind diese Projekte zu praktisch, und für eine praktischer ausgerichtete Forschung sind sie zu Wissenschaftlich-theoretisch.

Horst Niesyto brachte die Probleme medienpädagogischer Forschungspraxis nochmals auf den Punkt:

– Anerkennungsprobleme in der akademischen Welt, kein hoher Stellenwert von Praxisforschung
– Konzentration auf Medienaneignung und –nutzungsforschung
– Berufsbiographische Konstellationen bei ForscherInnen
– Keine Erwähnungen von medienpädagogischer Praxisforschung
– Kein Diskurs von wiss. Standards

Besonders spannend war für mich, dass man an vielen Forschungsperspektiven auch die biographisch-wissenschaftssozialisationsbezogenen Hintergründe der Forschenden sah (Werner Sesink nannte es auch so schön treffend „die Wagenburg der Herkunft“). Es gibt kaum „den“ Medienpädagogen, angefangen von Forschungsmethodologien, die eher in der Kommunikationswissenschaft angesiedelt sind bis hin zu psychologisch oder aber auch handlungstheoretisch orientiert: eine breite Vielfalt war sichtbar, jedoch, so schien es, nicht unbedingt an jeder Stelle überwindbar.
Für alle gleich stellten sich nur Fragen des Subjekts und Gesellschaft sowie der Medien in diesem Projekt. So verwunderte es nicht, dass auch Normativität, als Grundlage pädagogischen Handelns, vor allem in der Diskussion angesprochen wurde. Somit wird eine dezidierte Perspektive auf gesellschaftliche Normen in den Blick genommen und medienpädagogische Forschung sollte sich dort positionieren – bei allen Differenzen, so das Statement, kann hier eine Basis gesehen werden, die für alle medienpädagogischen Forschungsbemühungen der Ausgangspunkt ist – unabhängig vom konkreten methodischen Vorgehen.

Was bleibt von der Tagung? Sicherlich die Freude auf ein neues Jahrbuch, das auch diesem Thema gewidmet ist und für das es noch einen speziellen Call geben sollte. Und natürlich die Freude auf das nächste Mal, 2012 an der Universität Hamburg :).

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