Expertengespräch «Digitale Kultur & Demokratie»

Heute war ich in Berlin zum Expertengespräch «Digitale Kultur und Demokratie» an Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung eingeladen. In der Ankündigung der Veranstaltung hiess es:

Im Fokus der Veranstaltung steht die Frage, welche Auswirkungen die digitale Kultur auf die politische Teilhabe und Demokratie hat. Experten aus verschiedenen Fach-Gebieten werden zusammenkommen und gemeinsam mit den Teilnehmern darüber diskutieren.

Dieses Expertengespräch dient als Vorbereitung des Demokratie-Kongresses, der am Ende des Jahres stattfinden soll. Geladen waren in den 3 Bereichen Auswirkungen der Digitalisierung auf Politik und Parteien, auf die politische Bildung sowie auf die Lebenswelt waren unterschiedliche Experten geladen, genau diese Auswirkungen zu diskutieren. Durch Kurzinputs statt klassischer Referate kam auch eine sehr spannende Diskussion zwischen allen Beteiligten rund um die Digitalisierung im Bereich der politischen Bildung zu Stande. Mein Input betraf vor allem die Diskussion um die Auswirkung der Digitalisierung auf Lehren und Lernen und die damit verbundene Frage der kritischen Medienkompetenz. Dabei habe ich versucht, vor allem den Spagat zwischen formellem (E-)Learning und informellem, Web 2.0 basiertem (E-)Learning zu thematisieren bzw. die Verknüpfung von Präsenzangeboten und die Mediennutzung. Auch die Frage, wie sich die Unmittelbarkeit des Netzes auf Lehr-Lernprozesse auswirkt, ist offen und sollte näher betrachtet werden. Neben einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Konzept der Net Generation habe ich versucht, ein wenig Grautöne zu markieren und Entwicklungen und Facetten jenseits des schwarz/weiß oder digital/real zu zeichnen – denn die Bereiche durchdringen sich immer mehr, und die Frage wird sein, wie man dies vor allem für Lehr-Lernprozesse fruchtbar gestalten kann und vor allem auch die „capacity“ und die Kompetenzen von Lernenden und Lehrenden erhöhen kann.

Einige Diskussionspunkte sind mir rückblickend in Erinnerung geblieben, die ich gerne hier nur kurz festhalten möchte, sie werden mich sicherlich noch länger beschäftigen: Es gab erstaunlicherweise kein Loblied auf die Partizipation und Demokratisierung im Netz, sondern es wurde durchaus sehr differenziert und kritisch betrachtet. Partizipation bzw. Kampagnen über das Netz sind nicht per se erfolgreich, sondern abhängig auch von der Lebenswelt (die genauer zu betrachten wäre) der Menschen. Ebenfalls fand ich den Hinweis von Martin Lindner hinsichtlich der veränderten Schriftlichkeit spannend: Im Netz gibt es einen Charakter von Mündlichkeit in der Schriftlichkeit, d.h. hier ändern sich auch Kommunkationsformen, auf die es zu reagieren gilt.
In meinem Input hatte ich ja darauf aufmerksam gemacht, dass online-Nutzung auch von der (formalen) Bildung abhängig ist, wie der (N)Onliner Atlas 2010 zeigte. Die Frage wird sein, wie man vor allem diejenigen erreicht, die man erreichen möchte – und das sind nun mal eher nicht die politisch interessierten Bildungsaffinen. Von daher fand ich vor allem das Angebot der Bundeszentrale für Politische Bildung spannend, die mit „ahnungslos“ eine Politik-Fernsehcomedy produziert haben, die vor Stefan Raab lief und speziell auch bildungsferne Schichten ansprechen sollte, als Format sehr interessant. Ein spannendes Projekt, das auch gewissermassen Grenzen überschreitet.

Als (Zwischen)Fazit möchte ich erst einmal vorläufig schliessen mit der Forderung des Mutes zum Kontrollverlust und das Einschreiten neuer Wege und Formate, wie es beispielsweise die Bundeszentrale tut  😉