Jahrestagung SGBF und SGL: «Unterrichtsforschung & -entwicklung» | Teil I

Heute wurde die Jahrestagung der Schweizer Gesellschaft für Bildungsforschung (SGBF) und der Schweizer Gesellschaft für Lehrerbildung (SGL) eröffnet. Diese findet an der Universität Zürich statt und steht unter dem Motto  «Unterrichtsforschung und Unterrichtsentwicklung». Der Tagungsband mit den Abstracts ist so dick wie sonstige Tagungsbände mit Volltexten, 400 Personen haben sich angemeldet.

Doch nun zum Inhaltlichen. Am Morgen war die Vorkonferenz für Nachwuchswissenschaftler. Das Thema dieses Jahr war „Meeting the editors“ – oder: Welche Publikationsstrategien sind effektiv?“ Hier diskutierten auf dem Podium unter anderem Barbara Budrich, Rudolf Tippelt und Peter Tremp vor dem Hintergrund von Zeitschriften und Verlagen, wie man „richtig“ publiziert. Online oder Papier, deutsch oder englisch, während der Diss oder nach der Diss … das waren Fragen, die unter anderem angesprochen wurden. Und mal wieder ging es um den „Wert“ von Zeitschriftenartikeln gegenüber Monographien oder Artikel in Herausgeberbänden. Und nicht zuletzt stand über allem das Mantra des Citation Index. Ich fand es sehr schade, dass das Publizieren nur als Teil einer wissenschaftlichen Karriereplanung angesehen wurde und der Diskurs in einer Wissenschaftlergemeinschaft ein wenig kurz kam. Aber so funktioniert Wissenschaft leider nun mal: Hauptsache, man veröffentlicht in der „richtigen“ deutschen oder englischen Zeitschrift (wobei ich mich manchmal frage, was die richtige ist) und wird oft genug zitiert.
Die Keynote hielt am Nachmittag Prof. Dr. Reusser vom Pädagogischen Institut der Universität Zürich zum Thema „Von der Unterrichtsforschung zur Unterrichtsentwicklung -Probleme, Strategien, Bedingungen und Werkzeuge“. Wie der breite Titel schon andeutet, ging Reusser in seinem Referat auf alle grossen Themen der Unterrichtsforschung und -entwicklung ein: angefangen von der Herleitung der Notwendigkeit dieser (Pisa, Bildungsstandards, neue Schuleingangsstufe) über die Richtung der Entwicklung (hin zu Partizipation und angeleiteter Ko-Konstruktion) bis hin zu Problemen und Entwicklungen der Lehr-Lernkultur und damit verbunden Heterogenität und offener Unterricht und der Lehrerweiterbildung. Didaktische Entwicklungsaufgaben sind zusammengefasst für ihn

  • Verbesserung der Inhaltsqualität (Aufgabenstellung, Lehrmittelqualität, usw. unter dem Blickwinkel der Kompetenz
  • Verbesserung der Lehr-Lernqualität mit der Betonung des Tiefenlernens auf Seiten der Schülerinnen und Schüler
  • Verbesserung der Interaktionsqualität mit adaptierter didaktischer Unterstützung und verbesserter Kommunikation

Spannend fand ich, dass sich Kurt Reusser dafür ausgesprochen hat, mehr Design-Based-Research Studien in der Lehrerbildung zur Verknüpfung von Wissenschaft und Forschung durchzuführen … für ihn kommt die Ãœberprüfung der Wirkung bisher zu kurz – ebenso wie übrigens Feedback für ihn zu wenig auf allen Ebenen der Schule integriert ist.
Was ich sehr schade fand, war die Qualität der Folien. Ich bin zwar einiges gewohnt, aber gerade von Personen aus der Lehr-Lernforschung habe ich eigentlich erwartet, dass sich diese auch um die Vermittlung ihres Lerninhaltes Gedanken machen … und da gehört für mich eine „stimmige“ Präsentation als Untermauerung des Gesagten dazu. Aber als Zuhörer war man immer wieder gefangen im Drang, die Folien zu verstehen (zu komplex, zuviel Inhalt, …) und dem Drang, ihm nachzufolgen … mit dem Ziel, dass das nicht immer gut gelang. Sehr schade.

Besonders gut gefielen mir übrigens die Bonmots unseres Prorektors Otfried Jarren: er sprach in Hinblick auf die Erforschung von Lehren und Lernen an Universitäten von einer „insitutional practice of mystery“ und sprach sich für eine Störung von Gewohntem als Reflexionsanlass aus. Da werden wir in Zukunft hoffentlich noch öfter stören 😉