Lernplattformen – Im Land der Halbtoten

Gestern und heute war ich auf der E-Learning Baltics. Gemeinsam mit meinem Kollegen Marcus Feeder und Jochen Robes (hier sein Blogbeitrag) sind wir in einem Workshop mit dem Titel „Pimp Up Your Dinosaur“ der Frage nachgegangen, welche Einflussfaktoren strategische Entscheidungen für Lernplattformen beeinflussen. Eine Frage, die sicherlich nicht nur für uns in der Telekom Ausbildung interessant ist, sondern alle mehr oder weniger bewegt, die in Hochschule, Unternehmen oder als Bildungsdienstleister eine Plattform nutzen oder Dienstleistungen für Plattformen anbieten. In der Regel ist dies dort, wo das Lernen einer Vielzahl von Personen koordiniert und gesteuert werden soll. Strategische Entscheidungen in Bezug auf die Lernplattform haben damit grosse Auswirkungen, weil sie ggf. einen hohen Aufwand in begleitenden Veränderungsprozessen bedeuten und entsprechende Ressourcen beanspruchen. Ein Wechsel der Strategie/Plattform ist daher nicht ohne weiteres möglich.

Die Entwicklung der Lernplattformen in der Telekom Ausbildung zeigt die Dynamik in diesem Feld, die in der letzten Dekade noch zugenommen hat. Prognosen für die weitere Entwicklung der Lernplattformen sind schwierig und verallgemeinerbare Aussagen sind schon von dem Hintergrund individueller Ziele und Kontexte mit denen Lernplattformen eingesetzt werden unmöglich.

Ich habe daher die Zusammenhänge für Entscheidungen bezüglich Lernplattformen (die aber sicherlich auch so genereller sind) als Input für den Workshop  dargestellt (siehe Abb.1). Danach gibt es ein unmittelbares Umfeld, in dem die Lernplattform eingesetzt werden soll. In diesem Kontext können Entscheidungen selbst getroffen werden (Circle of Influence). Dies sind z.B. didaktische Entscheidungen. Dabei wirken Ziele, Inhalte und Methoden auf die Medienwahl ein. Im Fall der Telekom Ausbildung wäre dies eine kompetenzorientierte Ausbildung durch das Lernen im Arbeitsprozess mit dynamischen (technischen und kaufmännischen) Inhalten. Darüber hinaus gibt es in der Regel einen institutionellen Kontext, der unter Umständen nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen setzt, wie z.B. eine Unternehmensstrategie, eine Kultur oder die verfügbaren Ressourcen. Für die Wahl einer Lernplattform nicht irrelevant sind in diesem Zusammenhang sicherlich auch Fragen des Datenschutzes. Darüber hinaus gibt es Einflüsse aus dem Umfeld der Institution, wie gesellschaftliche (z.B. Ansprüche und Nutzungsgewohnheiten im Umgang mit digitalen Medien), technische (z.B. Plattformentwicklungen) oder wirtschaftliche Faktoren (z.B. Bildungsbedarf in Unternehmen), die auf die Entscheidung für Lernplattformen einwirken. Dabei wird der Konflikt immer deutlicher, dass die Umweltfaktoren, wie z.B. die private Nutzung von Online Communities einen starken Einfluss auf die Nutzung institutioneller LMS haben, gleichzeitig der institutionelle Kontext Rahmenbedingungen setzt (z.B. Datenschutz), der eine adäquate Reaktion (z.B. Öffnung des LMS) entgegensteht. Wir haben in unserem Workshop weitere Aspekte zusammengetragen, die auf diesen drei Ebenen relevant sein könnten (Abb. 2).

Den wohl wesentlichsten Einfluss auf die Entwicklung von Lernplattformen dürte dabei die zunehmende Bedeutung von Social Media sein. Vor diesem Hintergrund lassen sich holzschnittartig folgende Optionen ableiten:

  1. Integrieren: Social Media auf die Lernplattform
  2. Changieren: Social Media Plattform ersetzt (klassische) Lernplattform
  3. Individualisieren: Personal Learning Environment ersetzt LMS
  4. Resignieren: Vollständiger Verzicht auf ein zentrales Management von Lernenden und Lernprozessen
  5. Ignorieren: LMS bleibt LMS

Die Entscheidung für eine dieser Varianten kann dabei vor dem Hintergrund der oben genannten Einflussfaktoren durchaus gut begründet sein. Nicht der Trend ist entscheidend, sondern das Ziel und die Rahmenbedingungen für das Lernen. Vielen Dank an alle Beteiligten im Workshop für den Input.