Net Generation an Universitäten?

An den Universitäten Melbourne, Wollongong und Stuart University ist bereits 2006 das Projekt „Educating the Net Generation – Implications for learning and teaching in Australian Universities“ gestartet. Das Projekt bestand aus einer Erhebungsphase, in der Erstsemester und Dozierende zum Medieneinsatz befragt wurden und aus einer Implementationsphase, in der acht Fallstudien umgesetzt wurden, um Web 2.0 in unterschiedlichen Fakultäten und Veranstaltungen an Universitäten zu integrieren. Jetzt bin ich durch einen Hinweis auf das Handbuch des Projekts aufmerksam geworden, das die Projektergebnisse enthält. Auf den gut gemachten Webseiten zum Projekt findet man dann erstaunlich viel Hintergrundmaterial, z.B. die eingesetzten Fragebögen und das Toolkit (a toolkit of resources for Educators), das praktische Informationen zum Einsatz von Web 2.0 an Universitäten enthält – eine Website, die ich allen nur empfehlen kann, die sich mit dem Einsatz von Web 2.0 Technologien an Universitäten beschäftigen.

Doch nun zu ein paar ausgewählten Ergebnissen des Projekts: Die Ergebnisse des Projekts negieren (wie mittlerweile andere auch) die sog. Net Generation. Es gibt ganz unterschiedliche Variablen, die sich auf die Mediennutzung auswirken. Auch nicht überraschend ist, dass es zwischen Studierenden udn Dozierenden grosse Diversität in der Mediennutzung und -beurteilung gibt:

Students were generally more positive than staff about how useful technologies could be in supporting university-based learning and teaching; staff were generally more sceptical and unsure about the potential value of technologies. None of the technologies included in our survey was universally accepted as being useful in learning and teaching. (S. 5)

Grosse Auswirkungen hat Technologieeinsatz zum einen auf die Assessment-Praxis, und zum anderen auf weitere Kernkompetenzen der Lehrenden und Lernenden, die aber gar nichts mit Technologien zu tun haben, z.B. Gruppenarbeit. Durch die Technologieunterstützung ergeben sich für viele nochmals Lernangelegenheiten, die über die Technik hinausgehen und die basale Kompetenz betreffen.  Auch das Thema der akademischen Integrität kommt durch Web 2.0 Technologien nochmals eine grosse Bedeutung zu.

Auf Seite 10 geben die Autoren des Handbuchs einen kurzen Überblick über verschiedene Untersuchungen zu den drei Hauptformen von Social Software (Blogs, Wikis und Podcasts) und erste Erfahrungen damit im Universitätskontext. So ist bei der Integration von Blogs als Reflexionsinstrument z.B. verstärkt auf die Anleitung  zu achten:

A common observation has been that students need more guidance on how to make use of blogging as an educational activity in the particular learning contexts in which it is introduced (e.g. Farmer et al, 2008; Instone, 2005; West et al, 2006). (S. 10)

Dann folgen die Ergebnisse des Projekts, z.B. ein Überblick über die Hardware oder Internetverbindung der Studierenden in Australien. Bei den Fragen zu Web 2.0 stellt sich das gleiche Bild wie in vergleichbaren europäischen und deutschen Studien dar: Web 2.0 wird eher wenig aktiv, meist nur passiv genutzt.

Erfahrungsgemäss interessieren mich aber die Lehrenden und ihre Einschätzung der Technologien. Dazu liefert das Projekt folgende Ergebnisse:

When staff were asked similar questions about the usefulness of particular technologies in supporting student learning in higher education their responses were more muted (see Figure 3.11). Downloading or accessing audio-video recordings of lectures (42.9%)
and supplementary material (45.5%) were seen as useful by many staff, as was asking students to prepare multimedia presentations (46.3%), providing students with RSS-based alerts (31.4%) and asking students to share digital content about their course (29.1%).
A relatively high proportion of staff indicated that they did not know whether some technologies would be useful in supporting students’ learning. This was particularly the case for the emerging technologies of social networking (37.9%), RSS feeds (33.7%) and wikis (35.6%).
It seems, therefore, that many staff are unconvinced, or at least unsure, about the academic usefulness of many technologies and technology-based tools that they were asked about, including the use of instant messaging, mobile phone-based texting for content provision or administrative support, creating or contributing to blogs, and asking students to create a web page as part of their course. (S. 21)

Hier liegt also für die Hochschuldidaktik und die Lehrerbildung noch ein grosses Arbeitsfeld 🙂

Mein Fazit: ein Projekt, das sich lohnt und das auch weiterhin durch das umfangreiche Daten- und Hintergrundmaterial in Universitäten wirken kann. Wer immer Web 2.0 Tools in Universitäten oder einzelnen Lehrveranstaltungen einsetzen möchte, kann sich hier jede Menge Anregungen und Hintergrundinformationen holen.