Vortrag: Wann lohnt E-Learning

Heute fand der letzte Vortrag der Ringvorlesung «Educational Engineering» statt. Eigentlich hatte ich mich auf den Vortrag «Die Schule der Zukunft – Auf dem Weg zu Offenheit und Fairness» eingerichtet, allerdings sprach Robert Stoyan zum Thema «Wann lohnt E-Learning?».

Als Berechnungsmass schlug er der Einfachheit halber die Zeit vor. Dabei ging es nicht um die Zusatzeffekte von E-Learning, d.h. er verglich nicht die Kosten für den Lerneffekt nach E-Learning Projekt vs. Kosten für Lerneffekt ohne E-Learning Projekt, denn eine Vergleichbarkeit dort nachzuweisen ist schwierig.
Herr Stoyan stellte einige Projekte aus seinem Arbeitsumfeld vor. Interessant war, dass es Projekte waren, die von «gescheitert» bis «optimal» die ganze Palette abdeckte. So erfuhr man nicht wie oft in E-Learning Veranstaltungen von den best practices, sondern wurde auch auf Stolpersteine aufmerksam gemacht, z.B. über die Wichtigkeit der Entscheidung für die richtige Technologie.

Vor allem die Zusammenfassung am Ende der Vorlesung hat geholfen: Wo bzw. wann lohnt es sich gemessen in Zeit oder ROI?
– wenn sehr viele Studiengänge involviert sind
– wenn viele Studierende das System nutzen
– erfolgreiche LMS Systeme
– bei Schulungen bei Grossfirmen
– in virtuellen Seminaren im Austausch mit anderen Universitäten

Er stellte ein Beispiel für den grossen Einsatz von E-Learning vor. An der Wirtschaftsuniversität Wien im Projekt Learn@WU sind alle Kurse in der Assessmentstufe online, es gibt sozusagen ein virtuelles Einführungsstudium. Die Idee dahinter: möglichst wenig Geld in Studienabbrecher investieren. Aus ökonomischer Sicht macht diese These durchaus Sinn, jedoch bin ich aus pädagogischer Perspektive einer anderen Meinung. Es bringt nicht viel, Studierende ein Jahr online content vorzusetzen und danach ein Abschlussprüfung zu machen, in der nur die besten bestehen. So lernen Studierende die realen Studienbedingungen gar nicht kennen. Es ist meines Erachtens nach nicht unbedingt dazu geeignet, die wirklich besten Studierenden auszuwählen.
Doch zurück zum Vortrag:

Herr Stoyan schliesst mit einer Darstellung verschiedener Phasen des E-Learning Zeitalters:
– bis 2000 stand vor allem die IT und Informatik im Vordergrund.
– die Zeit bis 2003 nannte Stoyan die didaktische Phase, in der zum Beispiel auch Konzepte wie Blended Learning sich zu etablierten beginnen
– und die heutige Zeit bezeichnet er als die BWL Phase (make it pay of)

Bei der Einordnung der letzten Phase bin ich zwiegespalten. Zum einen hat er recht, indem die Kosten für E-Learning Projekte mit dem Auslaufen verschiedener Fördermassnahmen (z.B. SVC) wieder ins Bewusstsein rücken und E-Learning Projekte nicht mehr mit grossen Fördersummen rechnen können. Von daher muss sich die Entwicklung eines E-Learning Angebotes möglichst kostengünstig sein bzw. einen grossen ROI erzielen.
Dennoch denke ich, dass diese Bezeichnung nur für einen Aspekt und keineswegs für die ganze aktuelle Zeit stehen kann. Denn zum Beispiel mit Web 2.0, social software und Open Content steht genau nicht der ökonomische Aspekt im Vordergrund, sondern es verläuft fast konträr dazu. «Make it pay of» steht eindeutig bei diesen Aktivitäten weniger im Vordergrund.