Artikel | Web 2.0 in der Hochschullehre

Zusammen mit Michael Kerres habe ich einen Artikel zur Neuauflage des Buches E-Learning von Ulrich Dittler beigetragen, das jetzt ganz frisch erschienen ist. Unter dem Titel „Web 2.0 in der Hochschullehre“ haben wir versucht, die Integration von Web 2.0 nicht auf einzelne Tools zu fokussieren, sondern didaktische Szenarien des Einsatzes in den Vordergrund gerückt, was stellenweise gar nicht so einfach war. In der Einleitung haben wir formuliert:

Vielfältige Förderprojekte der vergangen Jahre haben dazu geführt, dass an vielen Universitäten und Hochschulen E-Learning mittlerweile zum Lehralltag gehört und von Studierenden zum Teil auch einfordert wird. Schaut man sich jedoch die Nutzung von E-Learning genauer an, so sieht man, dass die meisten Formen auf eine elektronische Dokumentablage hinauslaufen.
Elaborierte Ansätze mit komplexen Betreuungsangeboten sind selten und werden auch von den Studierenden wenig nachgefragt. Zeitgleich kommunizieren viele Studierende in ihrer Freizeit über Social Networks und andere Web 2.0-Tools, so dass das Bestreben nahe liegt, diese Tools und deren Vorzüge auch für das Lehren und Lernen an Universitäten nutzbar zu machen. Der folgende Artikel diskutiert didaktischen Szenarien des Einsatzes von Web 2.0 in der Hochschule und stellt aktuelle Forschungsergebnisse vor.

Besonders wichtig erschien mir das Kapitel „Herausforderungen der Integration“, da ich oft die Erfahrung gemacht habe, dass Web 2.0 Medien euphorisch eingesetzt werden, oftmals aber Implikationen, die die Integration von Web 2.0 Medien auf die Hochschule und Hochschullehre hat, selten bedacht werden.
So ist das Fazit, welches wir ziehen, auch nicht nur euphorisch:

Die Integration von Web 2.0 bietet Chancen für die Hochschullehre, sie beinhaltet aber
zugleich auch Herausforderungen. Eine Zurückhaltung, sich diesen Herausforderungen zu stellen, ist kaum möglich, denn die Durchdringung des Alltags mit Web 2.0 führt zwangsläufig zu Veränderungen auch für das Lernen (vgl. [34]): So werden zukünftig in verstärktem Maße mobile Endgeräte das Lernen prägen. Mit ihnen kann von überall aus auf Lerninhalte zugegriffen werden, egal, ob man in einer Bibliothek sitzt oder in der Mensa – das gesamte Internet wird zum Lernraum. Diesen angemessen in die Lehre zu integrieren und Studierende beim Lernen in diesem Raum zu unterstützen, wird eine der Hauptherausforderungen, vor der Dozierende bei der Integration von Web 2.0-Anwendungen stehen. Daher bedingt die Integration von Web 2.0 eine Analyse der Ziele, der Zielgruppe und der Rahmenbedingungen, um Web 2.0 in Abhängigkeit zu den Bildungszielen, und nicht in Abhängigkeit zur „Coolness“ zu integrieren – und somit den Erfolg des Einsatzes zu steigern.“

Quelle: Schiefner, M.; Kerres, M. (2011).Web 2.0 in der Hochschullehre. In U. Dittler (Hrsg.). E-Learning: Einsatzkonzepte und Erfolgsfaktoren des Lernens mit interaktiven Medien (S. 127-138). München: Oldenbourg. http://www.oldenbourg-verlag.de/wissenschaftsverlag/e-learning/9783486705874 Schiefner_Kerres_2011preprint

Comments

Liebe Mandy
Ich werde diesen Artikel mit grossem Interesse lesen, trifft er doch ein Phänomen, dem sich die Hochschullehre stellen muss. Und gute Ansätze zu finden und auch zu realisieren, scheint mir nicht nur einfach zu sein.
Herzliche Grüsse aus Zürich,
Kathrin

Mit ihnen kann von überall aus auf Lerninhalte zugegriffen werden, egal, ob man in einer Bibliothek sitzt oder in der Mensa – das gesamte Internet wird zum Lernraum. Diesen angemessen in die Lehre zu integrieren und Studierende beim Lernen in diesem Raum zu unterstützen, wird eine der Hauptherausforderungen, vor der Dozierende bei der Integration von Web 2.0-Anwendungen stehen.

Diese Herausforderung besteht aber doch auch wenn die Möglichkeiten keine explizite Berücksichtigung in das Veranstaltungskonzept finden. Vielmehr entwickeln sich dadurch möglicherweise Parallelwelten.
Ich meine die Entscheidung darüber ob und wie der Einsatz aussehen kann muss – und das scheint mir neu – jetzt nicht mehr vorweg durch die Veranstaltungsleitung, sondern gemeinsam mit der Lerngruppe getroffen werden.

Vielleicht sollte ich aber auch erst mal den Artikel lesen, damit ich auch weiß was tatsächlich gemeint ist. (Hey, das war doch kein Marketingtrick von Dir, oder?) 😉

Und noch etwas: Der Tweet zum Post ist heute erschienen. Der Beitrag trägt aber das Datum 10.07.2011. Nur so als Info, falls das Twitter Plugin sich selbstständig macht.

Lieber Ralf,
danke für deinen Hinweis. In der Tat, die Rolle der Studierenden, die ihr eigenes Lernen mit den Dozierenden verhandeln und somit den Prozess eigen verantworten kommt in dem Artikel eher weniger vor, er ist eher aus Dozierendenperspektive geschrieben, die einen Einsatz in ihrer eigenen Lehre überlegen. Denn in der Tat besteht die Gefahr der Parallelwelten, ich denke aber vor allem dann, wenn Dozierende kaum Vorstellungen von Konzepten des Einsatzes hat.
Die Frage, die sich für mich (auch in dem Artikel noch nicht) beantwortet ist, ist in der Tat allerdings die angemessene Integration des medialen Lebens- und damit auch Lernraum in die Hochschule. In den meisten Fällen ist es doch eine verordnete Partizipation (Bloggen als Scheinerwerbsbedingung usw.) – ohne wirklich das System zu verändern – da bleibt und noch viel Arbeit 🙂

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