Das duale Studium ist die Studienform, die in den letzten Jahren aufgrund des starken Wachstums am meisten Aufmerksamkeit erfahren hat. Zunehmend mehr Unternehmen interessieren sich für diese Form des Studiums und in der Folge gibt es zunehmen mehr Hochschulen, die duale Studiengänge anbieten. Diese Entwicklung ist auf der einen Seite überraschend, gibt es doch duale Studiengänge schon an die 40 Jahre, auf der anderen Seite kann es als logische Konsequenz aus den höhere Kompetenzanforderungen der Arbeitswelt und der (in weiten Teilen) fehlenden Praxisorientierung der Hochschulen gesehen werden. Etwas differenzierter betrachtet sind es vor allem die Fachhochschulen, die schon immer praxisorientierter waren und auch im Bereich des dualen Studiums die Nase vorn haben. Nur knapp 3% der über 900 angebotenen dualen Studiengänge (Datenbank) werden von Universitäten angeboten, wie zum Beispiel der Technischen Universität Hamburg Harburg. Die Ursachen für die Zurückhaltung der Universitäten können erahnt werden, teilweise werden sie auf offen als „Standesdünkel“ und Angst vor ein „downgrading“ der Abschlüsse benannt. Relevant ist aber sicherlich auch der Konflikt zwischen dem (humboldtschen) Bildungsideal, dem sich die Universitäten stärker als die Fachhochschulen verpflichtet fühlen und die „Einmischung“ der Unternehmen in die Gestaltung der Hochschulcurricula – ein Thema, das sicherlich einer ausführlicheren Betrachtung bedarf, als es an dieser Stelle möglich ist (hier nur der Hinweis auf den kritischen Vortrag von Rolf Schulmeister auf der GMW 2010)
Vor diesem Hintergrund veranstaltete der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft, die Hochschulrektorenkonferenz und der Bundesverband der Arbeitgeber eine Veranstaltung zum dualen Studium, dass mit ca. 160 Teilnehmer/innen die Möglichkeiten des Veranstaltungsortes deutlich ausschöpfte. Nach interessanten Eingangsstatements von Peter Clever (Hauptgeschäftsführung BDA), Prof. Dr. Joachim Metzer (Vizepräsident Hochschulrektorenkonferenz) und Dr. Gerhard Schauer (Leiter Aus- und Weiterbildung Bayer AG) folgten Podiumspräsentationen und kurze Diskussionsrunden zu Studienmodellen, zum Aufbau von Kooperationen und zur erfolgreichen Durchführung dualer Studiengänge, die hier nur zusammenfassend wiedergegeben werden können. Als vorweggenommenes Fazit zur Veranstaltung kann gesagt werden, dass es sowohl Einsteigern als auch Fortgeschrittenen interessante Einblicke in das Duale Studium gegeben hat, wobei eine Fokussierung oder Verlängerung der Veranstaltung dem Austausch sicherlich zuträglich gewesen wäre – oder anders formuliert: Es gibt sicherlich noch Bedarf an weiterem Austausch in diesem Thema.
Klar wurde gleich zu Beginn, dass das duale Studium keine klar beschreibbare Studienform ist. Generell lassen sich ausbildungsintegrierte (als Doppelqualifikation mit anerkannten IHK-Abschluss in einem Ausbildungsberuf) und als berufsbegleitende und praxisintegrierte beschriebene Modelle unterscheiden. Praxisintegrierte Studiengänge haben dabei unterschiedlich lange Praxis- und Theoriephasen, wobei die Praxisphasen teilweise auf die vorlesungsfreie Zeit beschränkt sind. Die Flexibilität der Ausgestaltung macht es auf der einen Seite notwendig genau zu beschreiben, was das jeweilige duale Studium ausmacht, auf der anderen Seite zeigt sich gerade darin die Qualität eines auf die jeweiligen Unternehmensbedürfnisse angepassten Studiums. Unterschiede zeigen sich aber nicht nur in der Organisation des Studiums, sondern auch in der Finanzierung und der Organisation der Begleitung.
Duale Studiengänge erfordern durch die kontinuierliche Abstimmung mit den Unternehmen einen erhöhten Aufwand, der auch finanziert werden muss. Sie bieten aber auch über die enge Kooperation mit den Hochschulen Vorteile, z.B. in der Akquise von Drittmitteln, durch den engen Kontakt zu Unternehmen.
Für Unternehmen sind duale Studiengänge nicht nur aufgrund der Möglichkeit zur Abstimmung von Inhalten interessant. Die Verbindung von Theorie und Praxis fördert die Kompetenzentwicklung und frühe Einarbeitung der Studierenden in das Unternehmen. Darüber hinaus – und das wird gerade in Zeiten eines verschärften Fachkräftemangels bedeutsam – kann es ein wichtiges Instrument sein, (insbesondere gute) Nachwuchskräfte an das Unternehmen zu binden. Die Abbrecherquote in dualen Studiengängen dabei viel geringer als in Vollzeitstudiengängen (in der Regel unter 10%). Insgesamt gibt es also für Unternehmen und Hochschulen viele interessante Argumente für ein duales Studium.
Während die Akquise von Kooperationen aufgrund des aktuell hohen Interesses der Unternehmen noch kein Problem darstellt, zeigen sich jedoch auch einige Herausforderungen die mit dem Angebot eines dualen Studiengangs verbunden sind. Von Hochschulseite z.B. die Fragen, wie konjunkturelle Schwankungen (und damit das unternehmensseitige Interesse an dual Studierende) ausgeglichen werden können, wie die Finanzierung des zusätzlichen Aufwands sichergestellt werden kann und von Unternehmensseite, wie unterschiedlich ausgestaltete Studiengänge koordiniert und dual Studierende im Unternehmen begleitet werden. Für alle beteiligten ist die enge Zusammenarbeit wichtig und eine Antwort auf die Frage, wie Theorie und Praxis gut miteinander verbunden werden können.
Damit sind nur einige Aspekte im Umfeld des dualen Studiums schlaglichtartig angedeutet, die im Rahmen der Veranstaltung diskutiert wurden. Teilweise liegen umfangreiche Erfahrungen vor, teilweise sind die aufgeworfenen Fragen in weiten Teilen aber noch unbeantwortet – sowohl in der praktischen Ausgestaltung, als auch in der wissenschaftlichen Durchdringung. Vorbilder, so merkte ein Referent an, gibt es für das duale Studium weltweit nicht. Das muss aber kein Makel sein, sondern könnte, wie die duale Ausbildung, zu einem Markenzeichen und Exportschlager werden und ein wichtiger Beitrag (neben anderen) die Wirtschaft mit gut ausgebildeten Fachkräften zu versorgen.
Zusätzliche Informationen zum Dualen Studium von Stifterverband der Deutschen Wissenschaft und BDA hier.