E-Learning als Auslöser für Google | Copy | Paste (?)

Stefan Weber, (2006) fragt auf S. 156 seines Buches kritisch:

«Was hat E-Learning den Schulen und Universitäten in Bezug auf die Qualität von Lehre und Forschung und vor allem in Bezug auf Wissensniveau, Kompetenzen und Qualifikationen der Absolventen gebracht? Anders herum gefragt: Was war so schlecht am »isolierten Lernen«, warum geht der Zug gleichsam automatisch in Richtung »kooperatives« und Neue-Medien-basiertes Lernen?»

Er geht sogar so weit, zu behaupten, mittels E-Learning werden Studierende

«unreflektiert an die Google-Copy-Paste Praxis herangeführt» (Weber, S. 155).

Stimmt das wirklich? Kann man diese These so im Raum stehen lassen? Ich denke, dass es nicht unbedingt E-Learning, sondern vor allem das Internet selbst ist, das Studierende an eine solche Arbeitspraxis heranführt. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen, indem ich mich dem Argument von Peter Baumgartner anschliessen möchte, der hier sagt, dass das Problem des Plagiates auch in grossem Teil von den Lehrenden abhängig ist, nämlich davon, welche Art von Aufgaben sie stellen. Wenn ein Arbeitsauftrag zum Plagiieren einlädt, weil der Professor in jedem Semester die gleichen Seminararbeiten gibt oder die Anforderungen so tief sind, dass ein Plagiat genügt, dann ist es einfacher mit copy & paste, als wenn die Seminararbeit ein wirkliches Nachdenken fördert, wenn neue Aspekte herausgefunden werden müssen.

Meine Lieblingsaufgabe (von der ich leider nicht mehr weiss, von wem diese stammte, aber sie blieb haften) diesbezüglich ist immer noch «Suchen Sie etwas, das nicht mit Google gefunden werden kann.» Ich würde vorhersagen, dass 90% der Studierenden meint, dass dies völlig unmöglich ist. Doch zurück zur Frage von Stefan Weber:

Was war so schlecht am »isolierten Lernen«, warum geht der Zug gleichsam automatisch in Richtung »kooperatives« und Neue-Medien-basiertes Lernen?»

Ich glaube nicht, dass das frühere Lernen so schlecht war. Aber dennoch halte ich den Einsatz von E-Learning (wenn er didaktisch/pädagogisch sinnvoll ist, und nicht immer ist er das) für ein Element, das beim Lernen zukünftiger Generationen als ein Element neben anderen Lernformen stehen muss. Kooperatives Lernen begann ja nicht mit E-Learning, sondern das gab es schon viel früher. Weiterhin sind die sozialen, medialen und kommunikativen Kompetenzen, die im Idealfall mittels E-Learning erworben werden sollten, auf keinen Fall zu vernachlässigen. Wenn man davon ausgeht, dass E-Leanring Plagiate nach sich zieht, muss es meiner Meinung nach nicht am E-Learning liegen. Es ist einfach das Medium, das am nächsten beim copy-paste angesiedelt werden kann als das Buch.

Dennoch ist E-Learning nicht das Allheilmittel für alle Lehr-Lernprozesse, wie es Weber mit «automatisch» andeuted. Bei der Gestaltung von Lernumgebungen (on- und offline) allem um einen pädagogisch sinnvolle Unterstützung von Lehr-Lernprozessen, und dies kann mit oder auch ohne das «E» geschehen.

Comments

Hmm, das verweise ich doch mal ganz unverblümt auf Dein älteres Blog, Beitrag Kopiertes Wissen.

http://mschiefner.blogschrift.org/archives/241-Kopiertes-Wissen.html

Der passt dazu ja wie die Faust auf’s Auge. Ein schönes Gegenbeispiel ist aus meiner Sicht der getAbstract Dienst.

http://www.getabstract.com/

Da wird nicht einfach dekonstruiert, gemixt und zusammenkopiert.

Ich denke nach wie vor, das schlicht ein monopol der schreibenden Zunft geknackt wurde, und wie das im Leben so ist, haben grade die, die von diesem Monopol bislang gut lebten „Muffensausen“ ob der Entwicklung hin zu so einem frevelhaften Treiben wie „User-Generated Content“. Das heisst doch übersetzt nur, dass der Normalbürger jetzt auch schreiben darf, also das Monopol eben aufgehoben wurde.

Ich hätte übrigens noch eine schöne Aufgabe, die man in google nicht findet: „Finden Sie die Meldungen der Zeitung von in einer Woche (einem Monat, einem Jahr, 10 Jahren, usw.)“ das hab ich aber auch irgendwo mal gelesen, ich glaube es war in einem Buch von Bruce Sterling, weiss den Titel aber grade nicht mehr.

E-Learning ist hier nicht der Sündenbock! Die Studierenden werden nicht durch E-Learning «unreflektiert an die Google-Copy-Paste Praxis herangeführt» sondern einzig durch die Existenz des Webs gekoppelt mit einer effizienten Suchmaschine (Google). Ich bin überzeugt, dass auch in klassischen Seminararbeiten auf Papier das Problem des Plagiats drastisch zugenommen hat.
Das Problem des Plagiats ist für mich derzeit hoch aktuell. Aus dem abrupten Wechsel im Schreibstil der studentischen Arbeiten schöpfe ich Verdacht, und durch Eingeben eleganter Satzfragmente in Google finde ich meistens die Quelle. Interessanterweise gibt die Mehrheit meiner Studierenden (5. Semester) an, dass ihnen nicht bewusst war, dass man nicht plagiieren dürfe. Ich musste ihnen auch klar machen, dass es eine einklagbare Copyright-Verletzung bedeutet, wenn Sie fremdes Material auf dem Web als eigenes Produkt publizieren.
Meinen Studierenden habe ich die Aufgabe gestellt, verschiedene Themen der Vorlesung via Webquests zu vertiefen und dabei explizit auf dem Web zu recherchieren. Meine Erwartung war jedoch, sie sollten sich aufgrund der Recherche eine eigene Meinung bilden und diese (im Kurswiki) publizieren. Dass dies nicht per copy und paste geschehen darf, muss ich nächstes Mal zu Beginn weg ganz klar kommunizieren und bei Entdeckung eines Plagiats hart durchgreifen.

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