HRK zu Informationskompetenz in der Hochschule

Ich habe mich im Rahmen meiner Dissertation (wie der ein oder die andere Leserin weiss 😉 ) mit der Schnittstelle zwischen Konzepten zum Umgang mit Medien und Informationen sowie kritischem Denken auseinandergesetzt und mir die Verankerung in der Lehrerausbildung näher unter diesem Aspekt angeschaut (hier). Da freut es mich natürlich umso mehr, dass auch die HRK das Thema Informationskompetenz aufgegriffen wird. Unter dem Titel „Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern“ gibt die HRK Empfehlungen ab, diese Kompetenz stärker in der Hochschule zu verankern – und zwar, das gefällt mir auch vor dem Hintergrund meiner Arbeit, die nur einen kleinen Teil der Hochschule empirisch betrachtete und auf eine grössere Durchdringung plädierte, besonders gut, auf allen Ebenen der Hochschule, angefangen von einer Förderung auf Studierendenseite über die Lehrpersonen bis hin zur Integration in Forschung, Governance und Dienstleistungen und über alle Fakultäten und Fächer hinweg.

Dabei versteht die HRK Informationskompetenz als Überbegriff zu Medienkompetenz und definiert Informationskompetenz folgendermaßen:

Sie ist „die Gesamtheit aller Fähigkeiten und Fertigkeiten, die erforderlich sind, um situationsrelevante Informationsbedarfe festzustellen, Information zu beschaffen, weiterzuverarbeiten, zu bewerten, zu präsentieren und Nutzungsbedingungen von Information einzuordnen. Dabei sind neue Darstellungsformate, insbesondere im Bereich der Informationsvisualisierung, eingeschlossen.“(1) Darüber hinaus muss der Aspekt der „Informationsverantwortung“ als Teil der Informationskompetenz mitgedacht werden. Er beinhaltet ein Bewusstsein für Chancen, Gefahren und Risiken, die mit dem Umgang mit Informationen verbunden sind. Außerdem muss betont werden, dass Informationskompetenz heute in besonderer Weise auf den Umgang mit den neuen Entwicklungen der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen (z. B. mit Virtuellen Forschungsumgebungen und Forschungsdaten) zu beziehen ist.
Informationskompetenz führt demnach unterschiedliche Teilfertigkeiten zusammen, von denen insbesondere zu nennen sind:
– eine technische Kompetenz, d. h. ein für die Anwendung verschiedener Informations- und Kommunikationsmedien erforderliches technisches Wissen (als Weiterführung der sog. computer literacy),
– eine kommunikative Kompetenz, d. h. ein Wissen um die Verfügbarkeit und Funktion der digitalen Kommunikationsmedien,
– eine soziale und organisationsbezogene Kompetenz sowie
– eine disziplinenspezifische Kompetenz, d. h. ein Wissen um die
Besonderheiten unterschiedlicher Wissenschaftskulturen.

Auch wenn einige dieser Kompetenzen merkwürdig erscheinen (ist kommunikative Kompetenz wirklich nur ein „Wissen um die Verfügbarkeit und Funktion der digitalen Kommunikationsmedien“?) so ist doch der Tenor einer hochschuldurchdringenden Auseinandersetzung im ganzen Dokument sehr augenfällig – allerdings hochschulweit mit einer starken Fokussierung auf Informationssystemen, die zumindest für mich (auch als Teil-Informationswissenschaftlerin) an einigen Stellen schwerfällig wirkt. Zur Förderung dieser Kompetenzen in allen Bereichen der Hochschulen lauten die Empfehlungen der HRK, u.a. eine stärkere curriculare Verankerung in Studiengänge auf Seiten der Studierenden, mehr Fortbildungs- und Trainingsangebote für Hochschullehrende sowie vermehrte Qualifizierungsangebote auf Seiten der Forschenden oder der Aufbau von Kompetenznetzwerken. Hochschulleitungen sollten sich verantwortlich für Informationskompetenz zeigen und Mitarbeitende aus Dienstleistungsabteilungen sich stärker fortbilden.

Was mich ein wenig skeptisch macht, ist die starke Ausrichtung auf explizite Qualifizierungsangebote, sowohl auf Seiten der Studierenden und Lehrenden, als auch auf Seiten der Forschenden. Ich frage mich, ob es nicht sinnvoller wäre, statt immer in Qualifizierungsangeboten zu denken diese Kompetenzen als grundlegende Ziele in alle Lehr- und Forschungsfelder zu integrieren und damit direkt auch mit Fachinhalt zu verknüpfen, so wie es ja auch bei den Studierenden im vorliegenden Papier gefordert wird. So könnte man Informations- und Medienkompetenz auch in bestehende hochschuldidaktische Angebote integrieren oder aber auch in der Forschung stärker sichtbar zu machen. Wenn es gelingt, diese auf allen Ebenen der Hochschule als quasi Grundlagenkompetenz für Lernen, Lehren und Arbeiten an Hochschulen und nicht als ‚Add-on‘-Qualifizierungsmassnahme zu integrieren, wären wir einen großen Schritt weiter.

Obwohl das vorliegende Papier an der einen oder anderen Stelle wahrscheinlich diskussionswürdig ist, ist es aus meiner Sicht ein hilfreiches Papier, das allen Personen, denen Informations- und Medienkompetenz in der Hochschule am Herzen liegt, vor allem in der Diskussion an den Hochschulen wertvolle Dienste und Begründungen für ihre Arbeit liefern kann. Denn oftmals hilft ein Papier der Hochschulrektorenkonferenz, um der eigenen Arbeit eine gewisse Legitimationsgrundlage zu geben 😉

Comments

Liebe Mandy,

danke für die fundierte Bewertung. Ich schätze den Wert des Papiers ähnlich ein wie Du: Es hilft vor allem vor Ort, um die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung zu verdeutlichen – gegenüber Gremien oder Personen, die sich nicht jeden Tag mit der Materie auseinandersetzen. Ich bin daher unschlüssig, ob ich das „Label“ Informationskompetenz gut oder schlecht finde. Als „trojanisches Pferd“ eignet es sich fast mehr, denn Medienkompetenzen, zumindest ist dieser klassisch stark durch die Institution Schule und außerschulische Jugendbildung etc. besetzt. Der Blick auf die Beispiele zeigt auch, dass sich die Förderung von Informations- und Medienkompetenzen in Einzelmaßnahmen nicht ausschließen muss. Und hieran sollten etwaige Qualifizierungskonzepte anknüpfen, nicht an alten Schulungsideen à la Drill&Practice.

Liebe Grüße,

Sandra

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