Kritische Bürger …

… sollten eigentlich das Ziel jeglicher Bildung sein. So erstaunt es umso mehr, dass es in Karlsruhe jetzt extra Weiterbildungsangebote dafür gibt. Hier kann man sich zum Diplom-Bürger werden, Diplom-Patient oder Diplom-Gläubiger weiterbilden lassen. Ziel ist der,

„selbstbewusste(…) Bürger, der sich nichts vormachen lässt, der Verantwortung übernimmt und reflektiert handelt“

Mit einem leisen Schmunzeln nimmt man diese Studiengangsidee von Peter Sloterdjik und Bazon Brock auf, doch in ihren Ausführungen im Rahmen eines Podcasts der SWR 2 Aula, den ich mir letztens angehört habe, gibt es einige Passagen, die durchaus sehr spannend sind, z.B. auch im Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft. Generell steht ein Konzept von Bildung im Fokus, bei dem es vor allem um kritische Bürger geht – also ein Hauptanliegen, das eigentlich alle mit Lehren und Lernen in dieser Gesellschaft Beschäftigten haben sollen.

Dabei geht es im Kern um verschiedene Punkte:

  • Menschen ihre Würde zurückzugeben oder diese aufzubauen – ein Aspekt, der im Rahmen der schnelllebigen Gesellschaft und den wechselnden Arbeitsfeldern manchmal aus dem Blick verloren werden kann.
  • Eine Betrachtung von Sozialisation unter dem Wegfall von traditionellen Kulturen
  • Und um den Aufbau von Mündigkeit, der sich beispielsweise in einem aufgeklärten Verhältnis von Experten und Laien zeigt.

Gerade der letzte Punkt betrifft die Wissenschaft. So macht Bazon nochmals auf verschiedene Grundprobleme von Wissenschaft aufmerksam und plädiert für eine gewisse Lösung von Wissenschaftsgläubigkeit. Denn Wissenschaftler wissen nicht alles ;), wie er ausführt:

„Je mehr jemand sich in einem Gebiet spezialisiert, also forscht beispielsweise, desto größer werden die Probleme. Denn forschen heißt, in immer weitergehender Weise einen Sachverhalt im Hinblick darauf zu betrachten, was an ihm problematisch ist und was man nicht weiß, nicht beherrscht etc. Der Fortgang der Forschung führt also zur immer weitergehenden Vergrößerung aller Probleme statt zur Verringerung.“

Und

„Probleme können prinzipiell nicht gelöst werden, denn wenn sie gelöst werden könnten, müsste man sie einfach lösen und hätte gar kein Problem. Aber wir haben dauernd Probleme, eben weil sie nicht lösbar sind, weil alle entscheidenden Probleme gerade deswegen wichtig sind, weil sie nicht lösbar sind. Also ist der Wissenschaftler vom Problemlösungsspezialisten – in der Einsicht, dass durch die Lösung aller Probleme wieder neue geschaffen werden – zu einem Problemschöpfer geworden, das heißt, zu einem, der die Themen vorgibt und auf das hinlenkt, was in einer Gesellschaft extrem interessant sein muss, weil das Ãœberleben des Sozialverbandes oder vielleicht sogar der Menschheit davon abhängt.“

Ich meine, das sind eigentlich alles Dinge, die auch in ein Hochschulstudium und in die Schule jenseits von Ausbildungsanforderungen und Arbeitsmarktfähigkeit gehören. Die Frage, die man sich ketzerisch stellt, ist die nach der Notwendigkeit einer extra Ausbildung dafür. Irgendwas scheint also in unserem Bildungssystem schief zu laufen, dass man für diese grundlegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten im Sinn von Bürgerkompetenz in einem extra Studienprogramm anbieten muss.

Wer mehr über diese Büger-Akademie wissen möchte, der sei der Podcast empfohlen, den es auch hier zum Nachlesen gibt.