„Medien machen Schule 3.0“ – (Spät)Sommeruni in Flensburg

Letzte Woche war ich hoch im Norden, an der Universität Flensburg. Die „Spätsommer-Uni“ für Lehramtsstudierende unter dem Titel „Bildungsgänge im Social Web“ bot an drei Tagen Workshops an, in denen Studierende des Lehramts sich mit verschiedenen Fragen von Medienbildung auseinandersetzen, aber auch selbst aktiv werden können. So hatten sich dieses Jahr 150 Studierende gemeldet, um drei Tage lang unter dem Thema „Bildungsgänge“ das Potenzial digitaler sozialer Medien für die Schule zu erkunden. Eröffnet wird diese (als Lehrveranstaltung auch ‚creditwürdige’) Veranstaltung durch zwei Beiträge. In der Veransaltungschoreographie ging es vor allem darum, in diesen Vorträgen Vor- und Nachteile von Social Media in der Schule zu betrachten.
Mir kam zur Eröffnung der „positive Part“ zu, den ich ausgefüllt habe, indem ich vor allem drei Thesen aufgestellt habe, diese ein wenig ausgeführt und mit aktuellen Handlungspraxen/Beispielen unterfüttert habe. Dabei sind die Thesen nicht revolutionär, aber für viele Schulen durchaus herausfordernd:

  • These 1: Schule muss sich der Herausforderung von Social Software stellen.
  • These 2: Die Beschäftigung mit Social Software schliesst die ganze Schule ein.
  • These 3: Social Software bietet das Potenzial zur Reflexion von (Bildungs-)Zielen, Werten und Normen in der Schule.

Besonders wichtig war es mir, Spannungsfelder bei der Betrachtung beider „Systeme“ zu zeigen, da Schule und das Social Web in vielen Teilen (erst mal) nicht zusammen zu passen scheinen, und so „freie Bildungsgänge durch das Web 2.0“, wie es im Programm hieß, erstmals schwierig erscheinen. Wen es interessiert, der ist hier auf meine Präsentation zum Thema verwiesen. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit die Teilnehmenden die Paradoxien, die ich versucht habe, herauszustreichen als wirkliche Paradoxien wahrgenommen haben – denn, so fiel zumindest in den Rückfragen im Vergleich zu Gesprächen in der Schule auf, dass Studierende dies z.T. (noch) nicht als Herausforderung wahrnehmen. So war es schade, dass dieses Jahr wenig Lehrer aus der Schule beteiligt waren und die anschließende Runde wenig in Diskussion kam, sondern eher ein Frage-Antwort Spiel war. Aber vielleicht war eine echte Diskussion auch aufgrund der Anzahl der Teilnehmenden nicht erwartbar.

Im Anschluss an meinen Vortrag präsentierte Oliver Leistert, zusammen mit Theo Röhle Herausgeber des Buches Generation Facebook, eine sehr fundierte Kritik am Geschäftsmodell facebook und bot Denkfutter, wie es um die Frage der Identität und Kontrolle auf Facebook bestellt ist. Aus Sicht der Medienwissenschaft bzw. Medientheorie problematisierte er beispielsweise die Entmündigung informationeller Selbstbestimmung, die Selbstoptimierungstendenzen sozialer Netzwerke oder die Zerteilung bzw. Fragmentierung des Subjekts. Wer sich mehr über diesen Teil informieren möchte, dem sei die Einleitung des Buches empfohlen, das hier verfügbar ist. Ausgehend von seinem Vortrag in Verbindung zu meinem kam dann die Frage auf, ob es ‚alternative’ Formen zu facebook gebe bzw. ob es nicht sinnvoll sei vor allem in Schulen alternative Soziale Netzwerke zu etablieren. Daniel Seitz und ich waren aufgrund verschiedener Aspekte eher skeptisch, so dass ich sehr gespannt bin, wie es den Flensburgern um Stephan Münte-Goussar gelingen wird, eine solche Alternative zu etablieren.

Besonders gut bei diesem Veranstaltungsformat gefiel mir, dass Lehramts-Studierende sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen mit digitalen Medien machen können. So ist diese Veranstaltung auch für Lehrende aus Schulen geöffnet, so dass hier auch Potenzial vorhanden ist, gemeinsam am Themenkomplex digitaler sozialer Medien zu denken und Erfahrungen auch aus der Praxis zu integrieren. Inwieweit es in einer solchen Veranstaltung gelingen kann, wirklich Handlungspraxen oder viel wichtiger subjektive Theorien von Medien in der Schule zu durchbrechen, kann ich nicht beurteilen. Ich habe allerdings aus den Rückfragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Gefühl, dass hier noch viel Stoff für Diskussionen liegt – die aber durchaus sehr spannend und befruchtend sind. Denn, um an die Thesen anzuknüpfen, eine Verbannung digitaler sozialer Medien ist auch keine Lösung 😉