Plagiate und „Wissenschaftliche Redlichkeit im Zeichen der Zeit“ …

Eine passendere Ãœberschrift für meinen Artikel „Wissenschaftliche Redlichkeit im Zeichen der Zeit“ hätte ich im Moment nicht finden können. Man kommt in den Medien nicht mehr vorbei: das Thema Plagiat in wissenschaftlichen Arbeiten wird auf allen Kanälen thematisiert, von der Tageszeitung bis hin zu Talkshow-Runden. Dabei geht es vor allem darum, ob nun plagiiert worden ist oder nicht. Weniger beschäftigt man sich bisher in meiner Einschätzung mit der Frage, wie denn das Plagiieren zu verhindern wäre. Während  ich in den vielen Artikeln in der Süddeutschen am Wochenende vergeblich das Thema der Betreuung (im aktuellen Plagiatsfall von Doktoranden) gesucht habe, wurde es zumindest bei Anne Will kurz thematisiert. Denn bei der Ausbildung spielt auch die Betreuung von Abschlussarbeiten eine grosse Rolle, denn:

„Universitätslehrer tragen auch für die wissenschaftliche Arbeit der Studierenden Verantwortung. Sie haben daher den Studierenden früh- zeitig die Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit vorzuleben und zu vermitteln. Sie haben Sorge dafür zu tragen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis lernt. Studierende und wissenschaftlicher Nachwuchs sind für das Erkennen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu sensibilisieren.“ (Deutscher Hochschulverband 2000)

Spätestens bei der aktuellen Diskussion hat man als Hochschullehrer einen aktuellen Anlass zur Thematisierung, doch was bleibt, wenn die Diskussion um Guttenberg abflacht? Ich habe mich in einem Artikel für das Neue Handbuch Hochschullehre mit diesem Thema beschäftigt und versucht, verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen, von der Themenwahl bis zum Design von Aufgaben, die das Plagiieren erschweren sollen. Generell sollte die Diskussion aber meines Erachtens nach weiter gehen, als sich nur auf Plagiate zu fokussieren: Im Fokus steht generell die Frage nach dem Aufbau von wissenschaftlicher Redlichkeit, auch wenn man nach dem Abschluss nicht im Bereich der Wissenschaft bleibt. Der Schluss des Artikels bildete ein Plädoyer für gemeinsame Verantwortung:

Der Aufbau von kritischem Denken und wissenschaftlicher Redlichkeit ist ein Grundziel akademischer Bildung und muss sowohl in Forschungs- als auch in Lehrprozessen thematisiert werden. Aus diesem Grund stellt das Postulat des forschenden Lernens für diese Vermittlung erhebliche Vorteile dar: Aus der Verbindung von Forschung und Lehre heraus sind Studierende auch immer (Nachwuchs-)Forschende und somit ein wertvolles Gegenüber für Lehrende sowie erfahrene Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Somit kann der Aufbau wissenschaftlicher Redlichkeit nicht durch Sanktionen geschehen. Didaktisch geschickte Unterrichts- und Assessmentformen sowie die Betreuung Studierender sind Pfeiler in der Baustelle der akademischen Kompetenz (…).
Aus diesem Grund sollte es bei der Vermittlung kritischem Denken bzw. dem Aufbau akademischer Redlichkeit vor allem um ein Mitein- ander, und nicht ein Gegeneinander gehen. Doch meist spitzt sich gerade das Plagiatsthema zu einem Grabenkampf zu – man sieht es oft schon am militärischen Vokabular: Es geht um „Plagiatsbekämpfung“, „Plagiatsjäger“ oder um „Enttarnung“ der Studierenden. Schlagzeilen lauten „Jetzt wird zurückgegoogelt (Kurzer 2006) oder „Plagiate. Die Professoren schlagen zurück“ (Leffers 2002). Der Jargon ist unver- kennbar. Es reicht allerdings nicht aus, nur dem Internet, der Google- Buchsuche oder den Studierenden die Schuld in die Schuhe zu schieben – Wissenschaft besteht aus einer Community, und die muss gemeinsam Verantwortung darüber übernehmen, wie akademische Redlichkeit aufgebaut und bewahrt werden kann.

Von daher bin ich (wie viele andere) sehr gespannt, wie sich die Universität Bayreuth verhält.

Literatur: Schiefner, M. (2010). Wissenschaftliche Redlichkeit im Zeichen der Zeit. Hochschuldidaktische Perspektiven im Umgang mit Plagiaten. In B. Behrend, H.-P. Voss & J. Wildt. (Hrsg.), Neues Handbuch Hochschullehre., S. 1-22. Berlin: Raabe Verlag.URL: http://www.afh.uzh.ch/aboutus/publikationen/G_4_7_Schiefner.pdf