Tagungsrückblick II – ECER 2012 in Cádiz

Direkt nach der GMW ging es weiter nach Cádiz in Spanien zur ECER (European Conference on Educational Research) – und diese riesige Konferenz zusammenzufassen, fällt noch schwerer, als das bei der GMW schon der Fall war. Bei 2400 Einreichungen half dieses Jahr die Konferenz-App, den Ãœberblick zu behalten und die Sessions zu planen – was dennoch zu vielen Zerreißproben zwischen den Sessions führte – man kann halt nicht alles sehen, zumal ich sehr zwischen den einzelnen Netzwerken gependelt bin. So ist es unmöglich, über alles zu berichten, ich möchte nur einige kleine Highlights erwähnen. Immer noch erstaunlich ist die Breite der Themen, selbst wenn man sich auf einen Teil, wie beispielsweise digitale Medien beschränkt – hier gab es sowohl hinsichtlich Medienarten, betrachtete Phänomene aber auch forschungsmethodologischer Zugänge eine enorme Breite. Spannend waren für mich darüber hinaus die Beiträge zu den Reflexionsebenen über Rollen und Identitäten, sei es im Rahmen von Teacher oder Higher Education, aber auch der Mediennutzung im Allgemeinen. Hier habe ich einige sehr gute Beiträge gehört, die mich zum Nach- und Weiterdenken anregten.

Eingereicht hatten Annabell und ich ein Symposium zum Thema „E-Learning 2.0 – Online Participation in Higher Education“. Annabell hat hier ja schon über Hauptdiskussionspunkte berichtet. Neben Sandra Hofhues zum Thema “Supporting Theory Practice Transfer with Digital Social Media A (Conceptual) Case Study” stellte Swapna Kumar ihre Gedanken zum Thema “Assessing Student Learning using Social Media in Higher Education: Strategies and Challenges” vor. Clara Pereira Coutinho sprach im Anschluss daran über “Challenges for Teacher Education in the Learning Society: case studies of promising practice”. Spannend war für mich vor allem die unterschiedlichen Umsetzungen und kulturellen Einflüsse bei der Integration von Social Media in die Lehre an Hochschulen, die durch die Vorträge schimmerten – ein Plus für Symposien mit ihren unterschiedlichen Länderperspektiven.

Diese internationale Sichtweise kam viel weniger im zweiten Symposium zum Tragen, an dem ich als Vortragende teilnahm. Hier bot sich allerdings durch die Unterschiedlichkeit der Konzeptionellen Ideen und vor allem der Forschungsmethodologien eine interessante Perspektive – mit viel Stoff zum Nach- und Weiterdenken. Eingeladen war ich im Symposium Critical Thinking in Higher Education, das von Gerry Mac Ruairc durchgeführt und geleitet wurde. In diesem wurde das Thema kritisches Denken aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: An Verburgh stellte eine common-sence Untersuchung mit einem standardisiertem Test vor, mit dem sie den Erwerb kritischen Denkens im ersten Studienjahr untersuchte. Neben dieser eher psychologisch orientierten Perspektive habe ich in meinem Vortrag kritisches Denken mit Medienkompetenz verknüpft und eine qualitativ orientierte Untersuchung vorgestellt. Gerry wiederum stellte eine Dokumentenanalyse von Studiengangsdokumenten seiner Hochschule vor, in denen er die Breite kritischen Denkens in Lernzielformulierungen und Kompetenzanforderungen aufzeigte. Dieser Beitrag wies viele Parallelen zu meinem auf, dennn auch Gerry ging es darum, die Sichtbarkeit von kritischem Denken in der universitären Lehre zu fokussieren. Besonders gut gefiel mir der Discussant. Ciaran Sugrue zeigte in seinem Beitrag nochmals eine Meta-Perspektive zwischen den Beiträgen auf, indem er auf die Kultivierung von Dispositionen zu sprechen kam: wie schaffen wir es, kritisches Denken in Hochschulen zu vermitteln, was nicht nur eine Kompetenzaufgabe ist, sondern auch Dispositionen und Haltungen betrifft – und beim Kritischen Denken immer auch mit einer „power of uncertainy“ einhergeht, die man aushalten muss. Denn je mehr wir kritisches Denken zu fassen versuchen, desto mehr verschwindet es. Ebenso interessant war für mich der Hinweis auf den deutschen Begriff der „Bildung“, den er an dieser Stelle gebrauchte – es zeigt sich, dass das Konzept der Bildung auch im englischen Sprachraum Einfluss hat. Letztendlich gehe es, so Ciaran, vor allem um eine „professional formation as part of critical thinking“ und um akademische Freiheit. Alles in allem ein sehr spannendes Symposium.

Was bleibt nun im Rückblick von der ECER? Gar nicht so einfach bei der Fülle an Themen, Formaten und Personen. Für mich ist es immer wieder spannend zu sehen, wie breit unsere Disziplin eigentlich ist – sei es inhaltlich, aber auch methodologisch. Ich habe neben Inhalten auch den ein oder anderen Forschungsdesign-Input mitgenommen. Action Research, beispielsweise, scheint im Ausland breiter etabliert zu sein, so mein Eindruck. Ebenso war es interessant zu sehen, wie unterschiedlich die einzelnen Netzwerke „ticken“ – so gab es einige sehr eingeschworene Gemeinschaften, so mein Eindruck, oder aber Netzwerke, die offener waren.

Erstaunt war ich, dass es bei 2400 Teilnehmenden doch eine recht erstaunlich geringe Anzahl von Twitterern gab, das hatte ich anders erwartet. Es scheint also noch nicht so zu sein, dass sich Twitter als Medium auf Konferenzen, die nicht primär einen Medienfokus haben, durchgesetzt hat 😉

So geht es nun darum, die Inputs aus der Konferenz nachzuarbeiten – eine Aufgabe, auf die ich mich sehr freue 🙂

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