Tagungsrückblick | Digitalisierung der Lehre und Lernorte

Letzte Woche war ich auf der gemeinsamen ZKI-Herbsttagung und 17. DINI-Jahrestagung zum Thema „Digitalisierung der Lehre“ in Ulm eingeladen. Am Donnerstag standen dann inhaltlich „künftige, virtuelle und reale Lernorte“ im Fokus, denn: Neben all der Digitalisierung lernen wir immer noch in und an der Hochschule, virtuelle Universitäten und neue Lehr-Lernformen haben sich nicht flächendeckend durchgesetzt. Und die Diskussionen über Anwesenheitspflichten macht deutlich, dass digitale Medien nicht die Auflösung von Hochschulen bedeuten, allerdings das Zusammenspiel zwischen Nutzung digitaler Medien (MOOCs, Inverted Classroom uvm.) und Präsenzen ausgelotet wird.

In meinem Eröffnungsvortrag thematisierte ich dementsprechend vor allem den Lernort Hochschule, der sich aus meiner Perspektive zwischen Anachronismus auf der einem Seite und der Offenheit auf der anderen bewegt, vergleicht man die Diskussionen um Digitalisierung/E-Learning in den letzten Jahren: Auf der einen Seite gibt es vielfältige digitale Neuerungen, auf der anderen Seite diskutieren wir immer noch, was bzw. wie viel Anwesenheit eine Vorlesung beispielsweise ausmacht. Im Vortrag habe ich mich vor allem auf die (Lern-)Raumdiskussionen bezogen und mich dafür ausgesprochen, dass es nicht reicht, „nur“ Räume einzurichten, sondern man  sich Gedanken über der Akteure, und Interaktionen sowie die soziale Dimension des Raums machen muss. Insbesondere die Rolle digitaler Medien wird nur marginal diskutiert (ganz beliebt z.B. in der Diskussion um Steckdosenverfügbarkeiten). Die Veränderungen, die sich für Lernorte ergeben, sind aus meiner Perspektive noch nicht wirklich durchdacht, konzeptualisiert man beispielsweise  Medien als Verbindung oder raumkonstituierend. Dieses Verständnis würde es z.B. notwendig machen, dass man ein Re-Framing „innerer“ Bilder von (Lern-)Räumen, Studierenden und Medien vornimmt. Denn: Wir haben immer noch ziemlich klare Vorstellungen darüber, wie Lernräume an Hochschulen aussehen. Und dies schon zu Beginn des Studiums: So sind die Studierenden meiner Vorlesung immer wieder irritiert, wenn sie den runden Vorlesungssaal an der Uni betreten.

Und zuletzt plädierte ich dafür, bei der Gestaltung nicht nur die Studierendenperspektive (Stichwort Lernwanderer) einzunehmen, sondern auch dem (studentischen) Forschungshandeln Raum zu geben. Relevant ist dabei das Überdenken des Zusammenspiels von akademischen und medialen Praktiken, ein Aspekt, der uns gerade auch im FideS Projekt beschäftig. Digitale Medien könnten neue Räume schaffen sowie die Aneignung und Verbindung von Räumen ermöglichen, so dass Enkulturation (auch durch Partizipation) ermöglicht wird. Hochschule kann somit zu einem Lebens-, Lern- und Erkenntnisort werden. Dabei war es mir nochmals wichtig, zu betonen, dass es um ein kann geht: Denn neben all den Gestaltungsabsichten sollten wir die Eigentätigkeit der Studierenden nicht aus dem Blick verlieren, um auch eigene Räume zu gestalten. Gerade diese ist für Dozierende und ‚Gestaltende‘ schwierig, insbesondere, wenn sich Studierende evtl. anders verhalten, als man dies erwartet, sowohl auf dem Campus als auch „in“ den Medien.

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Eine schöne Anekdote dazu bot der Campus der Universität Ulm: Zwar wurden hier Arbeitsmöglichkeiten eingerichtet, verrücken konnte man diese allerdings aufgrund der Sicherung nicht, was in einigen Fällen dazu führte, dass man Stühle nicht zurückschieben und damit faktisch an einigen Stellen kaum nutzen konnte, wie das Bild zeigt. Eine kreative Aneignung in Form von Gestalten und Verrücken war nicht möglich. Sofort musste ich an die Vorträge von Gudrun Bachmann im Projekt Lernräume denken, in denen sie auch die Rolle der Administration in der Gestaltung der Lernräume einging.

Die anderen Beiträge (Abstracts) präsentierten dann theoretische und empirische Perspektiven auf den Lernort Campus (Olaf Eigenbrot), die Rolle digitaler Medien (David Meinhard) sowie die Rolle Virtueller Realität in der Lehre (Alexander Kulik). Gerade der letzte Vortrag machte aus meiner Perspektive deutlich, wo Potenziale von kollaborativem VR liegen, auch wenn ich mich mehr als einmal an das Holodeck erinnert fühlte ;-).

Nach Vorträgen schloss sich ein World-Café an, um das Thema der Lernräume vertiefend und mit unterschiedlichen Perspektiven (Hochschulbibliotheken, E-Learning Centern, Dozierenden) zu diskutieren: Hier merkten wir schnell, dass sich zum einen die Raum-Themen durch die gesamte Hochschule ziehen und zum anderen nicht unabhängig von Fragen wie Lehrentwicklung, Hochschuldidaktik oder  Medienkompetenzen denkbar sind. Denn gerade letztes ist aus meiner Perspektive relevant für die Gestaltung medialer Bildungsräume. Ich bin sicher, das Thema wird mich die nächste Zeit weiter beschäftigen.