Verhältnis von (Bildungs-)Wissenschaft und -Praxis: Herausforderung des Austausches

Bildungswissenschaftliche Forschung diskutiert seit vielen Jahren, wie sie auch „wirksam“ für die Praxis werden kann, so beispielsweise in Diskussionen um Implementationsforschung oder auch in Design-Based Ansätzen. Darüber hinaus wurde vor allem in der Öffentlichkeit oft moniert, dass es zahlreiche Studien gibt, man aber schon lange den Ãœberblick über die Ergebnisse verloren habe (z.B. Martin Spiewak hier).

Zwei aktuelle Projekte im Schulbereich widmen sich nun aus unterschiedlicher Perspektive und mit verschiedenen Herangehensweisen der Herausforderung, dass Wissenschaft und Praxis pädagogisches Handeln unterschiedlich betrachten und aufgrund unterschiedlichen Vokabulars ein Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis auch erschwert wird.

Aus Perspektive der Wissenschaft wurde ein Projekt vom DIPF gestartet, welches sich dem Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis widmet. In der Ausschreibung zum Projekt  „wissenschaf(f)tpraxis: Was ist guter Unterricht?“ heißt es dazu

Am Beispiel des Themenkomplexes „guter Unterricht“ soll mit Hilfe eines innovativen Workshop-Konzeptes Vorstellungen von Wissenschaft und Bildungspraxis integriert werden. Das Konzept sieht vor, dass in zwei separaten Vorbereitungstreffen jeweils sechs Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft respektive Schulpraxis (Lehrkräfte) zu ihren Konzepten, Theorien und Vorstellungen davon, was guten Unterricht ausmacht, befragt werden (in Form von Interviews, einer Gruppendiskussion und der Auseinandersetzung mit Videomaterialien, die realen Unterricht zeigen). Beide Gruppen entwickeln jeweils eine Zusammenstellung von Thesen zum Thema „Unterrichtsqualität“ und daran anknüpfenden Fragen, Herausforderungen und Bedürfnissen im Hinblick auf die Verbesserung des Transfers zwischen Wissenschaft und Bildungspraxis. Im Anschluss an die Vorbereitungstreffen wird ein Workshop mit ca. 50 Vertreterinnen und Vertreter beider Gruppen (Wissenschaft und Schulpraxis) stattfinden. In der Zwischenzeit werden die Transkriptionen der Interviews und Diskussionen sowie deren Auswertung erfolgen. Die Ergebnisse werden im Workshop präsentiert. Sie sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Perspektiven aufzeigen und spezifische Herausforderungen für einen gelingenden Praxistransfer benennen. Im Workshop sollen die Teilnehmenden in wechselseitigem Austausch an der Auseinandersetzung mit dem Thema Unterrichtsqualität arbeiten. (hier)

Aus der Perspektive der Praxis kommt ein anders Konzept, nämlich die Gründung der Deutschen Schulakademie, das eine anderen Fokus einnimmt und die schulische Praxis miteinander vernetzen will. Unter dem Schlagwort  „Aus der Praxis für die Praxis“ ist es hier das Ziel,

die Modelle ausgezeichneter Schulpraxis aus rund zehn Jahren Deutscher Schulpreis in die Breite der Schullandschaft zu tragen. Dazu pflegt, koordiniert und moderiert die Akademie ein Netzwerk reformerfahrener und engagierter Schulleiter und Lehrer. Mit Unterstützung von Wissenschaftlern und weiteren Experten werden erfolgreiche Konzepte aus der Praxis aufbereitet und praxisnahe Fortbildungsangebote organisiert. (Quelle)

Zwei in der Ausrichtung verschiedene Projekte, die aber dennoch eins gemeinsam haben: Einen initiierten Austausch zwischen Akteuren über pädagogische Wissenschaft und Praxis. Ich freue mich, dass dem Austausch über wissenschaftliche und (schul)praktische Erfahrungen damit mehr Raum gegeben wird. Gespannt bin ich darauf, wie sich zum einen beide Modelle entwickeln. Darüber hinaus wäre es vermutlich interessant zu schauen, welche Auswirkungen sie auf die Entwicklung und Gestaltung von Schule haben werden.