Was ist Web 1.0?

Dieses Semester habe ich den Fokus in meinem Seminar „Konzeption mediengestützter Lernangebote“ ein wenig geöffnet und bewusst nicht nur didaktisches Design, sondern auch vermehrt (Web 2.0) Tools aktiv in die Lehrveranstaltung integriert. Im Sinne der Kompetenzorientierung haben die Teilnehmenden als „Leistungsnachweis“ die Wahl, ein didaktisches Konzept zu erarbeiten, ein Tool im didaktischen Zusammenhang im Seminar vorzustellen oder begleitend zum Seminar zu bloggen. Mit diesen offenen Formen und vor allem der Wahl habe ich gute Erfahrungen gemacht. Ich freue mich besonders, dass es dieses Jahr zum ersten Mal auch Studierende gibt, die sich an die offenen, digitalen Formen wie Blog herantrauen (Link zum Blog hier, Twitter).

Doch eine Sache viel mir dieses Jahr besonders auf: In jedem Semester frage ich die Studierenden, was ihrer Meinung nach Web 2.0 ist, da mich die dahinterstehenden Konzepte der Studierenden interessieren. Oft erkläre ich dann im Nachgang den Unterschied bzw. den fließenden Ãœbergang von Web 1.0 zu Web 2.0 mit allseits bekannten Grafiken und Bildern. Dieses Jahr habe ich aber zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, dass Studierende konzeptionell nicht (mehr) oder nur sehr schwer an Web 1.0 anknüpfen können. Für sie ist es keine Neuigkeit, dass man Spiegel online Seiten kommentieren kann und ganz einfach im Netz Seiten erstellt, Bilder hochlädt, Filme produziert und vieles mehr. Ähnlich wie es bei Senioren schwierig ist, an bestehende Bilder oder Vorstellungen anzuknüpfen, wenn man das Internet erklärt, fehlte meinen Studierenden, so hatte ich den Eindruck, die Vorstellung davon, was das Web 1.0 eigentlich war bzw. wie mediales Handeln im Web 1.0 aussah. Somit, so habe ich das Gefühl, wird es immer schwieriger, die „veränderten Nutzungspraktiken des Netzes“ zu thematisieren, da dies für Studierende zum Teil „normale“ Nutzungspraktiken, gerade im Bereich der Sozialen Netzwerke sind.

Wie geht es denn anderen Lehrenden so? Und an welche Konzepte docken Sie das Phänomen Web 2.0, das im Alltag kein Phänomen mehr scheint, im Bereich Pädagogik/Didaktik aber immer noch als „neu“ gilt, an, ohne html zu erklären?

Comments

Web 2.0 is so 2007… 😉
Ich spreche in Kursen v.a. von modernen Social Media. Stelle fest, dass viele mit Web 2.0 nicht so viel anfangen können. Zeige auch immer wieder gerne die „Pre-Web/Web1.0/Web2.0“-Darstellung aus Jan Schmidts neustem Buch (kann dir einen Scan mailen, wenn du willst), die im Grunde schön aufzeigt, dass sich verschiedene Webversionen nicht wirklich voneinander abgrenzen lassen. Das Web war schon immer „social“ und von Nutzern geprägt (Usenet und MUDs etc.), es gibt – überspitzt gesagt – einfach verschiedene Phasen, in denen verschiedne „Buzz words“ wie Web 2.0 grad Mode sind…

Hallo Sarah: ja, mit den Phasen hast du recht. Ich thematisiere beide Begriffe, sowohl Social Web als auch Web 2.0, da ja beides in den Texten, die wir lesen, auch auftaucht. Aber das Problem ist das gleiche: Sie können sich keine Nutzungsformen des Internet vor 2007 😉 vorstellen. Und über den Scan würde ich mich freuen 😉
Liebe Grüsse aus dem Norden
Mandy

Ich erkläre immer, das im Web 2.0 die Anbieter von Webseiten weniger Information als vielmehr Anwendungen bereitstellen. Damit wird der Browser zunehmend zum Betriebssystem, auf dem diese Anwendungen laufen. Im Google Chrome Shop werden solche Webseiten dann auch Apps genannt. Beispiele sind Facebook, Twitter, Prezi, Etherpad, mindmeister, etc.

Ist doch sch̦n, wenn Begriffe obsolet werden Рund es zeigt auch, dass wohl nur mehr wir an der Vergangenheit kleben

Ich frage meine Studenten immer was für sie E-Learning ist und da kommen Antworten die weit darüber ansetzen, was wir seinerseits definiert haben

lg

Hallo Mandy,
ich sehe es auch so, dass man die Begriffe – obsolet oder nicht – in der Lehre thematisieren muss, wenn man davon ausgehen kann, dass die Studierenden in der Literatur darauf treffen. Dann müssen Sie ja was damit anfangen bzw die Begriffe deuten können. Ich führe das inzwischen nur noch in Kombination mit didaktischen Anforderungen und verschiedenen Lernformen ein: rezeptives Lernen auf der einen Seite (da reicht das Medium als Informationsträger) und produktives inklusive kooperatives Lernen auf der anderen Seite (da muss ich das Netz als Werkzeug verwende können). 1.0 und 2.0 sind dann eher verschiedene Perspektiven auf das Netz. Sinnvoll aber ist aus meiner Sicht nach wie vor auch, wenn man einen kurzen historischen Abriss zeigt.
Gabi

Comments are closed.