Blogs in der Lehre

Ich lese gerade die Ergebnisse der Vorstudie zum Weblog- und E-Portfolio Einsatz in der Lehre an der PH Rorschach.Folgende Ergebnisse scheinen mir besonders spannend:

Der Mehrwert von Blogs für die Hochschullehre liegt neben der Möglichkeit zur einfachen und raschen Veröffentlichung von Beiträgen der Studierenden auf dem Netz auch in der Chance, die an einem Projekt beteiligten Blogs jederzeit lesen und mittels URL’s gegenseitig kommentieren zu können.Dieses Mittel wurde von den Studierenden der Blog-bzw. Handy-Gruppe mit insgesamt nur 5 publizierten Kommentaren auf allen Blogs bei weitem nicht genutzt. Diese Zahl steht in Gegensatz zu den total 58 Kommentaren, die von drei Dozierenden im Verlauf der Startphase abgegeben und nach vier Wochen aufgrund der angestrebten sozialen Gleichbehandlung mit den Studierenden der Papier-Gruppe eingestellt wurden.

Die Bemerkung eines Studierenden der Handy-Gruppe, das Erstellen der Blogs bereite grossen Spass, sei aber sehr zeitaufwendig, mag diesen Umstandinsofern zu erklären, als der Studierende im Nachsatz noch anfügte, dass die Arbeit mit den Blogs jedoch nicht leistbar wäre, wenn man zusätzlich dazu noch alle anderen 10 Blogs lesen und kommentieren müsste. Für den zukünftigen Einsatz von Blogs in der Auseinandersetzung mit eigenen Lernprozessen müsste also daran gedacht werden, den erwarteten gegenseitigen Austausch auf überschaubare, kleinere Blog-Gruppen zu beschränken.
(Quelle: Christen et al., 2006, S. 27, Hervorhebung M.S.)

zur Vorstude

Auch hier holt die Realität die Hochschullehrenden und Studierenden wieder ein. Es klingt auf den ersten Blick sehr einleuchtend, Blogs als Reflexionsinstrument in der Lehre einzusetzen, führt aber in der Durchführung zu einem erheblichen Aufwand, der erst einmal zu leisten ist.

Zumeist haben die Studierenden doch kaum Kenntnis über ihre eigene (Meta)Kognition, und die Reflexion über den eigenen Lernprozess muss erst «gelernt» werden. Es ist nicht einfach möglich, von heute auf morgen Studierende zum Schreiben und Kommentieren von Weblogs anzuregen. Eine systematische Reflexion und die Beschäftigung mit den eigenen Lehr-Lernprozessen stand bisher doch eher in einigen wenigen Fächern (Erziehungswissenschaft, Pädagogik, usw.) auf dem Lehrplan. Weiterhin sieht man am oben genannten Zitat die Utopie, jetzt in jeder Lehrveranstaltung Weblogs als Kommunikations- und Reflexionsmittel einführen zu wollen. Dies ist ein Aufwand, der für die Studierenden kaum machbar ist.
Auch das gegenseitige Kommentieren muss gelernt werden. Zum einen muss gelernt werden, sich gegenseitig zu kommentieren, zum zweiten aber auch mit diesen öffentlichen Kommentaren, die durchaus auch Kritik enthalten können, umzugehen. Dies ist gar nicht so einfach.

Auch beim Einsatz von Weblogs in der Lehre muss man den Studierenden Zeit geben (ähnlich wie bei den E-Prüfungen) diese Form des Lernens und evtl. auch Assessments in Ruhe zu lernen. Und dies braucht neben innovativen Hochschullehrern eines, nämlich Zeit.

Comments

Es stellt sich die Frage, ob Anwendungen, die bottom-up aufgebaut sind, top down eingesetzt werden können? Virtuelle Gemeinschaften sind nach Seufert(2002) für die Unterstützung von Lernprozessen deshalb interessant, da Sie auf Eigeninteresse, Freiwilligkeit und intrinsischer Motivation beruhen. Durch einen Einsatz als curriculare Bildungsmaßnahme sind diese Prinzipien nicht mehr gegeben.
Es bietet sich an, Blogs und Portfolios begleitend zu LV einzusetzen, als ein Kommunikationsangebot begleitend zu Lehrveranstaltungen.

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