«Good Tags, bad Tags»

Heute bin ich in Tübingen am Institut für Wissensmedien zum Thema ExpertInnenworkshop „Social Tagging in der Wissensorganisation
– Perspektiven und Potenziale“
. Von einigen interessanten Beiträgen möchte ich gerne berichten:

Stefanie Panke und Birgit Gaiser stellten die Ergebnisse ihrer Untersuchung «With my head up in the clouds – social tagging aus Nutzersicht» vor. Sie haben sowohl eine Literatursichtung als auch Experteninterviews gemacht.

Aus der Literatur ist bekannt, das sich Tags auf ganz unterschiedliche Aspekte beziehen können: Domäne (z.B. „Socialsoftware“), Textsorte (.B. „Tagungspaper“), Autor, Spezifizierung (.B. „Hypertext2006“), Wertungen, persönlicher Bezug, geplante Aktivität (.B. „to read“).
Zum Taggen gibt es unterschiedliche Motive (Marlow et al. 1006): Retrieval & Management von Ressourcen, Mitmachen & Teilen, Aufmerksamkeit für eigene Inhalte wecken, Selbstpräsentation, Meinungen, Wertungen ausdrücken, Play & competition

Ergebnisse der Umfrage: Experten nutzen Social Tagging zur

  • Wissenorganisation: bessere Suchmaschine, Suchmaschinenoptimierung, verschiedene Rechner, Datensicherung, Austauschplattform, „gutes Gewissen“
  • Wissenskommunikation: Selbstdarstellung als Experte (Selbstvermarktung der eigenen Expertise), Alltagsarchivierung, Anerkennung in der Community (Ego streicheln), Teil einer Informationselite sein

Ihr Fazit: Funktionale und soziale Perspektive überschneiden sich, Membran zwischen Beruf und Privat überschneiden sich. Es gibt eine enge Verbindung von Blogging & Tagging. Den Experten ist klar,dass Pseudonymität nicht Anonymität bedeutet, sie haben ein hohes Problembewusstsein für die Öffentlichkeit und Persistenz (keine naive Nutzung, hohe Kompetenz), Negativaspekte: Wechsel zwischen Anwendungen schwierig.

Wenn die Experten Social Tagging taggen sollten, kamen als Haupttags „Ordnung“ & „Chaos“ zustande.

Aus kognitionspsychologischer Sicht sind Tags: individuelle, bedeutungsbezogene verbale Repräsentation von Ressourcen, die eine bewusste Auswahl von Begriffen spiegeln.

Steffen Lohmann stellt Tagging als partizipative Methode für Lehrportale und E-Learning Kurse vor. Bisher gab es Diskussionsforen, Mailling-Listen, Wikis und Weblog in Lehrportalen. Social Tagging ist recht neu, es gibt wenige, die das schon integrieren. Tagging im E-Learning besteht aus Lernressourcen, Tags und Lerngemeinschaften, die auf vielfältige Art miteinander verknüpft sind. Hoffnung war das Entstehen eines sozialen Netzwerkes als auch das Entstehen von Relationen zwischen Ressourcen. Digitale Lernressourcen können so von Studierenden personalisiert und mit mehr Informationen versehen werden.

  • Vorteile für die Lernende: Organisation des Fachgebiets, Abgleich mit Tags, soziale Navigation (andere Lernende finden), Reflexion.
  • Vorteile für Dozierende: Zusammenhangswissen der Lernenden ist erkennbar, Missverständnissse sind erkennbar, z.B. bei der Häufung bestimmter Tags zu einer Ressource, Verständnis von Lerninhalten, z.B. durch Abdeckung der Menge von Materialien durch Tags.

Sie nutzten Tagging in unterschiedlichen Szenarien: in einer E-Learning Umgebung, in del.icio.us und Paper&Bleistift.

Die Folgerungen aus den Projekten: Für Tagging muss es (ähnlich wie beim E-Learning) Anreize geben, ein Vorteil ist am Anfang nicht direkt erkennbar. Es muss eine umfassende Einführung zum Social Tagging. Medienbrüche sollten vermieden werden, statt dessen ist eine hohe Integration von Vorteil. „Kritische Masse“ an Tags und Beteiligung ist notwendig. Mehrwert gegenüber Annotationen mit Sift & Papier müssen herausgestellt werden. Dennoch sieht der Einsatz von Tagging in E-Learning vielversprechend aus. Eine Ãœbertragung 1:1 vom offenen Tagging in die Lehre ist nicht so leicht möglich und birgt Risiken.

Dieser Vortrag hat meinen zu «Social Tagging in der Lehre» sehr gut ergänzt.

Anmerkungen zu Tagging in der Lehre kamen aus dem Publikum: Tagging sollte eher längerfristig als in einem Seminar gemacht werden, evtl. während es gesamten Studiums. Kurzfristige Strategien sind hier fehl am Platz. Warum sollten Studierende in der kurzfristigen Zeit taggen? Wo gibt es schon Beispiele, in denen eine Integration langfristig und erfolgreich gelingt?

Ein Problem: Ein- und Ausgabemedien (Medienbrüche) sind bei Studierenden noch nicht vorhanden (meist Papier und Bleistift). Weiterhin benötigen Studierende so etwas wie eine Taggingkompetenz: Ein Mehrwert ist für Studierende nicht immer gleich erkennbar, dies muss thematisiert werden. Der Einstieg muss gut gelingen und leicht sein.

Aber auch Kulturen an Universitäten müssen sich beim Taggen (wie bei E-Learning und Web 2.0) ändern. Dies braucht wie immer Zeit 🙂

Später gibt es sicherlich noch mehr Infos vom Workshop …

Comments

Sehr interessant 🙂

Ich denke auch, dass Tagging nur langfristig und in großen Kursen Sinn hat. Werden die Tags nur für den Einzelnen ausgewertet oder für den Kurs bzw. den Fachbereich? Individualisierung oder Masse?

Mir gefallen Tagclouds, da sie sehr schnell Schwerpunkte erkennen lassen. Es stellt sich aber die Frage, womit werden Tags erzeugt? Mit dem Lernraum, einem Web 2.0 Service oder einfach gekoppelt an eine Suchmaschine?

Gruss aus dem Norden
Andreas

Hallo Andreas

es gibt wirklich noch viele offene Aspekte beim Tagging in der Lehre. Man kann sich unterschiedliche Szenarien überlegen: ein eigenes Tagsystem an der Uni, wo die Themenschwerpunkte dann in Tagclauds sichtbar werden, die Integration bestehender Tools in den Seminaralltag, die Einbindung von Tagging in E-Learning Umgebungen, um das eigene Lernen zu verbessern. Hier liegt meines Erachtens schon noch Potenzial, diesen Dingen auf den Grund zu gehen.
Auch die Frage nach Individualität oder Gruppe ist eine spannende, je nach Fokus ergeben sich hier ganz unterschiedliche Settings.
Was es auf jeden Fall bräuchte, sind mehr Beispiele und ein Ausprobieren 🙂

es Griessli
Mandy

Danke, für die Zuammenfassung des interessanten Workshops!

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