Richard Sennett und Universitätsbildung

Auf Zeit.Campus gibt es ein interessantes Interview mit Richard Sennett, der sich gegen zu viel Praxis in der Hochschulausbildung wehrt:

ZEIT Campus: Kommen wir noch einmal zurück auf die Flexibilität. Was müsste die Uni lehren, damit ihre Absolventen mit dieser Anforderung besser zurechtkommen können?

Sennett: Es geht nicht um das Was – sondern um das Wie des Lehrens. Jeder Student muss irgendwann herausfinden, wie er selbst besser wird in dem, was er tut. Das lernt man aber nicht, indem man immer nur angewandte Arbeit macht. In England und den USA haben wir immer mehr praxisbezogene Studiengänge, Hotelmanagement zum Beispiel. Solche Ausbildungen sind genauso wie die späteren Jobs. Das ist eine fürchterliche Art, ein Bildungssystem zu organisieren. Man muss viel grundsätzlichere Dinge lernen. Sie sollten an der Universität erst ein guter Wissenschaftler werden und dann schauen, wie Sie damit durch die Wirtschaft schwimmen können. (Hervorhebung M.S.)

Genau dieser Zwiespalt zwischen Theorie und Praxis macht es heute so schwer, universitäre Lehre zu gestalten. Auf der einen Seite sollten Studierende so früh wie möglich mit der Praxis konfrontiert werden, um den Praxisschock zu vermeiden und sich überfachliche Kompetenzen anzueignen, auf der anderen Seite steht die Theorie und damit die Herausbildung von „guten“ Wissenschaftlern. Doch sind dies wirklich zwei Pole, oder zeigt sich hier nicht gut die Unterteilung in Studienangebote von Fachhochschulen und Universitäten? Doch was geschieht, wenn diese beiden Pole verschwimmen, wie es derzeit im Rahmen der Bologna-Reform geschieht?