Die vergangene Woche stand für mich im Zeichen der Auseinandersetzungen mit Künstlicher Intelligenz in der Hochschullehre – nicht als technischer Trend, sondern als pädagogische Herausforderung und Chance. Zwei Veranstaltungen boten dabei unterschiedliche, aber eng miteinander verwobene Perspektiven: der hAIgher Education Day am KIT Karlsruhe und die BI.teach 2025 rund um die Zukunft der Prüfungen. Gemeinsam machten sie deutlich, wie KI unser Nachdenken über Lernen, Prüfen und Hochschulbildung irritiert.
In Karlsruhe stand die Frage im Mittelpunkt, wie KI-Technologien unsere bisherigen Praktiken herausfordern. Die Diskussion um KI in der Breite zwingt uns, die Grenzen algorithmischer Erkenntnis auszuloten und sie mit menschlichen Denkformen in Beziehung zu setzen. Wo endet Mustererkennung, wo beginnt Verstehen? Wie verändert sich auch Erkenntnis, wenn Mensch und KI zusammenarbeiten? Gerade diese Diskussionen eröffnen neue Lerngelegenheiten, denn wir haben uns auch gefragt, welche normativen Überzeugungen in Modellen eingeschrieben sind und wie wir das sichtbar machen können. Eine wunderbare Möglichkeit des Erfahrens waren aus meiner Perspektive hier die adversarialen Übungen wie Red-Teaming und Role-Play, die Philipp Kellmeyer vorgestellt hat. Ich fühlte mich erinnert an die Publikation von Felicitas MacGilchrist (2024), die universitäre Lehr-Lernräume als Orte des Experimentierens und Spekulierens, auch über Grenzen und Verluste ins Spiel brachte.
Der zweite Impuls der Woche rückte Prüfungen in Zeiten generativer KI in den Fokus – oder präziser: Lernen und Prüfen als zusammenhängenden Prozess. Nicht die Frage „Wie verhindern wir KI in Prüfungen?“ oder „Müssen wir die Hausarbeiten nun abschaffen“ waren für mich leitend, sondern ich habe nochmals über Prüfungsillusionen und Kontrollreflexe gesprochen, denn ich meine, dass KI auch hier nochmals grundsätzliche Fragen stellt, die keineswegs neu sind: „Warum eigentlich (was) prüfen?“ Dass das Fragen der Studiengangsentwicklung mindestens so notwendig macht wie Fragen über die Rolle der Universität in der aktuellen Gesellschaft, war evident, macht die Herausforderung aber auch nicht kleiner. Denn neben der Reflexion der Funktionen von Prüfungen geht es auch um die Frage, was müssen wir eigentlich weiterhin auch ohne KI können müssen bzw. wo es in Zukunft nicht mehr ohne KI gehen wird. Und das betrifft für mich vor allem in universitärer Lehre Forschungspraxis. Denn eine Veränderung von Forschung impliziert zwangsläufig die Veränderung von Lehre, doch das haben wir noch zu wenig im Blick. Zusammenfassend habe ich also gefragt:
- Wann lernen Studierende eigentlich was? Und welche Rolle spielen dabei Prüfungen?
- Wie verbinden wir Studienleistungen und Prüfungen so, dass sie ein gemeinsamer Lernprozess abbilden?
- Welche Rolle spielt Forschung und wie tragen Prüfungen dazu bei, Studierende in denkende, fragende, forschende Subjekte zu entwickeln?
Und wer schon länger in der Hochschuldidaktik unterwegs ist, gähnt ggf. an dieser Stelle, denn das sind keine neuen Fragen. Dass wir diese aber immer noch stellen können, zeigt für mich, dass wir uns oftmals noch nicht in der Tiefe damit auseinandergesetzt haben.
Beide Veranstaltungen machten deutlich, dass KI wie ein Brennglas wirkt, indem es uns dazu zwingt, nochmals genauer hinzuschauen und nachzudenken. Entscheidend ist: Wie gestalten wir die Räume, in denen Studierende lernen, denken, zweifeln und experimentieren können – mit und über KI? Und wie fördern wir das Verstehen als Kernkompetenz im Umgang mit KI (Sesink, 2026)?