Audio Distance Learning

Im Rahmen der ganzen Podcast Euphorie und nach mehreren Anfragen habe ich meine Magisterarbeit nochhmals hervorgeholt. Thema der Arbeit aus dem Jahr 2004: Audio Distance Learning – Konzeption und Erstellung eines Audio Online Kurses zum Thema „Konstruktivismus & Lernen“.Schwerpunkt lag auf der praktischen Erstellung der CD, weswegen der empirische Teil ein wenig knapp geraten ist. Es bietet aber interessante Anknüpfungspunkte für auditives Lernen.Auszug:

Vorteile und Nachteile des Lernens mit Audio-elementen habe ich weiter vorn in der Arbeit beschrieben: „Auditive Elemente bieten dem Lerner einige Vorteile. Sie sind durch eine Vielzahl von Vorzügen attraktiv in der Nutzung. Auditive Informationen nutzen zur weiteren Verarbeitung der Information das sprachliche System. Sprache stellt Grundbedeutungen
dar und abstrahiert vom konkreten Objekt. Daher ist Sprache vor allem dazu geeignet, Sachverhalte theoretisch darzustellen. Jones (1983) zeigte, dass sich Audioelemente gut dafür eignen, das Aktivierungsniveau positiv zu beeinflussen und die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Von daher sind auditive Informationen geeignet, Lernende zu aktivieren und ihre Aufmerksamkeit zu steigern. Weiterhin wirken auditive Angebote authentischer als geschriebene oder ikonische Information, was zu mehr Lebensnähe führt (Rowntree, 1994). Durch die menschliche Sprache und deren Ausdrucksmöglichkeit sind Emotionen besser und leichter darstellbar (Grimm & Engelkamp, 1981). Es kann
leichter eine persönlicher Nähe (durch Wecken von Emotionen, Authentizität, u.ä.) geschaffen werden; auch in Distance Learning Situationen, in denen der Lehrer oder Coach nicht anwesend ist. Lernen durch Zuhören ist für die Menschen eine vertraute Lernsituation. In der Schule und Universität wird meist durch Zuhören gelernt. Urban und Wöss (1977) „[…] ermitteln für eine Stichprobe von 20 Klassen der Stufen 1-9 einen durchschnittlichen prozentualen Anteil des Hörens bzw. des Hörverstehens in einer Unterrichtsstunde von 74%; der Prozentsatz schwankte zwischen 45 und 96%“ (Urban & Wöss, zitiert nach Imhof, 1995. Amerikanische Studien weisen nach, dass in der Unterrichtszeit zwischen 65 und 90% der Zeit Zuhören erwartet wird (Purdy, 1991, nach Imhof, 1995). Weiterhin genießen Tonelemente ein hohes Maß an Akzeptanz: Lesen wird von den meisten Lernern als anstrengend empfunden (Dick 2000). Visuelle sprachliche Information wird im Kurzzeitgedächtnis tiefer und dauerhafter im Verarbeitungsmodus abgelegt als visuelle ikonische Information. Bei visueller sprachlicher und ikonischer Information wird in beiden Fällen das Auge angesprochen. Auditive Information spricht als einzige Informationsart einen anderen Sinneskanal als das Auge an (Paechter, 1993 Weiterhin bietet ein auditives Informationsangebot, vor allem im wissenschaftlichen Bereich eine große Chance für benachteiligte Menschen, seien es Blinde oder Analphabeten. Diesen Menschen kann durch einen Audiokurs eine verstärkte Partizipation am gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Leben ermöglicht werden. Mit Hilfe der Digitalisierung von Tonaufnahmen sind Audiokurse zudem flexibel in der Handhabung. Bei einer Änderung, seien es neue Forschungsergebnisse oder ähnliches kann man es schnell sprechen und am Computer in die passende Stelle einfügen. So sind Audiokurse weiterhin beliebig erneuer- und erweiterbar (Barron & Kysilka, 1993). Dabei muss beachtet werden, dass die Geschwindigkeit und die Reihenfolge des Lernstoffs meist festgelegt sind. Des Weiteren hängt der Lernerfolg bei auditiven Informationsangeboten meist stark von den Erinnerungsleistungen der einzelnen Individuen ab (Kugemann, 1986). Es kann schneller zu einer kognitiven Ãœberlastung kommen, da Zuhören, vor allem verstehendes Zuhören (vgl. Imhof, 2003), eine hohe Konzentrationsleistung erfordert.“ (Schiefner, 2004).

Innovat
ionspotenzial, noch ohne Podcasts, diese müsste man jetzt ergänzen ;-)

Distance Learning mithilfe von Audioelementen birgt ein großes Innovations- und Vertriebspotenzial. Der Hörbucheinsatz, der in der Deutschen Bahn schon über die Sitze abgerufen werden kann, kann um wissenschaftliche Themen mit einem didaktischen Konzept, sozusagen als Audio-Fernkurs erweitert werden. So kann man auf einer längeren Bahnfahrt sich nicht nur mit literarischen Hörbüchern beschäftigen, sondern eventuell auch etwas lernen. Weiterhin kann das Konzept ausgeweitet werden, indem man Hörbücher über Internet vertreiben kann. Das Internet bietet gute Vertriebsmöglichkeiten für Hörbücher: Durch das Datenformat mp3 lassen sich Dateien schnell und effizient versenden und weiterhin werden Kosten für Lager, Versand und Verpackung gespart (Fey, 2003, S. 236). Weiterhin kann man wissenschaftliche Hörbücher mit didaktischem Inhalt als Audiobook vertreiben. Mit dem digitalen Audiobook wäre es möglich, verschiedene Versionen von Fachaudiobooks anzubieten, die sich der Kunde mit Hilfe eines Schlagwortkataloges aussuchen kann. Ein weiterer Punkt ist das Handy. Mobiltelefone der dritten Generation sind Datenkommunikationszentren auf PC- und Internetbasis. UMTS wird eine Ãœbertragung möglich machen, die dem 30fachen einer heutigen ISDN-Leitung entspricht (Fey, 2003). Mit diesen Handys kann man jederzeit von unterwegs Hörbücher kaufen und in guter Qualität abrufen und mit ihnen lernen. Diese neue Art der Datenabfrage und des sich daraus ergebenden Lernen wird zur Zeit als Mobile-Learning (M-Learning) propagiert. Mobile Learning ist ein Teilgebiet des E-learning. Es vereinigt zeitunabhängiges Lernen für unterwegs mit Kommunikation und Multimedia-Technik. M-Learning bedeutet, mit digitaler Technik wie Handy, Laptop, PDA, usw. durch Funk- und Satellitennetze dem Endbenutzer Lerninhalte überall zur Verfügung zu stellen (GlobalLearning, 2004). Weitere Techniken, die in diesem Bereich interessant sind, sind WAP (Wireless Application Protocol) zur Verbindung von Internet und Endgerät, GPRS (Generalised Packet Radio Service) als Datenübertragung oder WLAN (Wireless Local Area Network). Dadurch wird es möglich, dem Lerner mit entsprechenden Geräten überall auf der Welt on demand Lerninhalte in Hörbuch- oder CBT-Form anzubieten. Weiterhin bietet Distance Learning neue Möglichkeiten und Chancen für Benachteiligte Menschen wie Blinde oder Analphabeten. Obwohl es in Deutschland nur sehr wenig Analphabeten gibt, fällt die Zahl der funktionalen Analphabeten deutlich höher aus. Als funktionale Anasphabeten werden Menschen bezeichnet, die sämtliche Aktivitäten ihrer Umwelt, bei denen Lesen, Schreiben und Rechnen erforderlich sind nicht beherrschen und somit sich nicht durch Kulturtechniken Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben (Fiebig, o.J.). In Deutschland gibt es 6,3% (ca. 4 Mio.) solcher funktionalen Analphabeten, was unter anderem durch mangelnde Schulabschlüsse zu erklären ist. Die OECD-Studie International Adult Literacy Survey (IALS) wies nach, dass in 14 von 20 OECD Ländern mehr als 15% der Bevölkerung nur über eine mangelnde Lesekompetenz verfügen. Für diese Menschen besteht so die Aussicht auf eine erweiterte Partizipation am gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Leben. Vor allem Menschen mit geringer Lesekenntnis und –kompetenz profitieren von dem Lernen mit einer Audio-CD (Dick, 2000).“ (Schiefner, 2004)

Magisterarbeit: Schiefner, M. (2004). Audio Distance Learning – Konzeption und Erstellung eines Audio Online Kurses zum Thema „Konstruktivismus & Lernen“. Saarbrücken: unveröffentlichte Magisterarbeit. Inhalt der CD,
Kolloquiumsfolien
Nachtrag 22.06.2006

Lars Schlenker reflektiert kritisch über einige in der Arbeit genannten Vorteile (Hörbücher, Ortsungebundenheit, Literacy, Informationsflut) in seinem Blog unter dem Beitrag „Brave new Podworld“– durchaus nachdenkenwert, vor allem in Hinblick auf die „Rationalisierungsstrategie“:“Oder ist der Run auf Podcasts auch ein Teil einer Rationalisierungsstrategie,die unsere Hilflosigkeit angesichts einer Informationsflut, die uns täglich einemDaten-Tsunami gleich, aus den Medien entegenschwappt, hervorbringt. Erstmal download und abspeichern.
Der auditive bzw. visuelle Zugang von Podcasting verheisst uns danach leichte Rezeption und ortsungebundene Verfügbarkeit. Doch können wir bei der Fahrt mit Auto oder S-Bahn ins Büro oder an die Uni wirklich endlich den Informationen Herr werden, die uns ihre schriftliche Form nicht gestattet hätte? Oder ssetzen wir nur einer Schimäre auf, die durch den Hype um iPod befeuert, vor allem die (Langzeit-)Schäden einer von den Massenmedien und ihren Bildern und Tönen geprägten Gesellschaft offenbart?“ [weiterlesen] [Quelle: Lars Schlenker]