Kooperation = Kollaboration ?

Meist wird im deutschsprachigen Raum kooperatives und kollaboratives Lernen synonym verwendet (vgl. Kienle, 2003, S.42). In englischsprachigen Publikationen wird allerdings ein deutlicher Unterschied zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen gezogen. Meines Erachtens nach ist es wichtig, bei Gesprächen über Kooperation und Kollaboration die gemeinsame Bedeutung der zwei Begriffe zu eruieren, um ein (Gesprächs)fundament zu haben. Je nach Vorstellungen werden nämlich ganz andere Gruppenprozesse erreicht als geplant.Bei der Kollaborationliegt das Ziel des Erreichens eines gemeinsamen Verständnisses zu Grunde. Kollaboratives Lernen setzt auch ein gemeinsames Verständnis der Aufgabe voraus, die sich mitunter erst während der Bearbeitung selbst bildet: „Collaboration is a coordinated, synchronous activity that is the result of a continued attempt to construct and maintain a shared conception of a problem“ (Roschelle und Teasley 1995, S. 70).Es kann aber auch ein gemeinsames Verständnis des (Lern-)gegenstandes zugrunde liegen: „growth of communal understanding asreflected in increasingly elaborate artifacts“ (Stahl 2002, p. 65).Der Begriff der Kooperation beschreibt indessen lediglich, dass Personen in einer Interaktion zueinander stehen und sie sich bei der Erreichung der individuellen Ziele Abgrenzung von Lernen zu anderen Handlungen in einer nicht näher definierten Art und Weise unterstützen.In kooperativen Gruppensituationen können ganz unterschiedliche Prozesse initiiert werden:

  • (Gemeinsames) Verfolgung eines gemeinsamen Zieles
  • abgestimmte Nutzung gemeinsamer Ressourcen
  • Arbeit an gemeinsamem Material
  • gegenseitige Unterstützung bei verschiedenen Zielen
  • Explizite Koordination

Es gibt allerdings auch deutschsprechende, die den Begriff Kollaboration aufgrund seiner negativen Implikation aus militärhistorischer Sicht ablehnen. Also immer schön vorsichtig und nicht die (kollaborativ arbeitenden) Lerner als Kollaborateure bezeichnen, das sind sie (hoffentlich) nicht ;-)Aktualisierung(10.05.06):
Das Konzept der Kollaboration geht noch einen Schritt weiter. Miteinander in Kollaboration stehende Lerner streben nicht nu nach einem besseren Verständnis für die Denkmuster des jeweiligen Partners, sondern sie konstruieren gemeinsam neue mentale Strukturen in einem wechselseitigen Prozess. Schrage definiert den Kollaborationsbegriff: „two ore more individuals with complementary skills interacting to create a shared understanding that none had previously possessed or could have come to on their own” (1995, 33). Eine kollaborierende Gruppe kann in diesem Sinne als autopoietisches kognitives System aufgefasst werden, wobei sich der Mustervorrat der Gruppe aus den Vorräten der Individuen zusammensetzt. (Ninck, Büsser, 2003, http://www.brightcreations.net/de/FILES/bs_mc03.pdf.)